Ich nehme dort immer so viel mit – tolle Gespräche, Anregungen, kritische Nachfragen, ungefiltertes Feedback, Wertschätzung und viele positive Rückmeldungen. Und: eine ganze Reihe an persönlichen Anekdoten.
So auch dieses Mal.
Ich kam mit einer Frau ins Gespräch, wir haben über verschiedenste Themen gesprochen. In einem Nebensatz ließ sie fallen, dass ihr Vater kürzlich seinen 102. Geburtstag gefeiert habe. Das fand ich sehr beeindruckend, denn auch wenn die Lebenserwartung in den letzten Jahrzehnten enorm gestiegen ist, höre ich nicht so oft von Menschen, die auf ein so langes Leben zurückblicken dürfen. Auf meine Frage, was das Geheimnis seines langen Lebens ist, berichtete die Tochter, dass ihr Vater stets drei Grundsätze predigen und auch selbst befolgen würde:
- alles in Maßen machen (Essen, Trinken etc.),
- viel Bewegung und
- immer optimistisch sein.
Dass gesunde Ernährung, der Konsum von Alkohol und Rauchen in Maßen sowie viel Bewegung gesundheitsfördernd sind und sich positiv auf unser zu erwartendes Lebensalter auswirken können, ist allgemein bekannt. Lange nachgehallt hat bei mir aber der dritte Punkt: immer optimistisch sein.
Ich teile diese Lebensphilosophie, diese Überzeugung voll und ganz, privat wie beruflich. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass ein optimistischer Blick auf die Dinge die grundlegende Voraussetzung dafür ist, dass wir die Herausforderungen, mit denen wir gegenwärtig konfrontiert sind, bewältigen können.
Und auch in dem, was wir für unsere Kundinnen und Kunden tun – Vermögen professionell verwalten und vermehren –, spielt diese Einstellung eine zentrale Rolle, vor allem in turbulenten Börsenzeiten. Dann lautet unser Credo: Bleiben Sie optimistisch und investiert, die Märkte erholen sich immer. Und trotzdem höre ich diese Aussage – optimistisch sein und bleiben – nicht so wahnsinnig oft.
Vielleicht auch deswegen, weil es manchmal leichter gesagt als getan ist in der heutigen Zeit. Wir haben so viele schwierige Themen vor der Brust, die alle drängen, an so vielen Stellen ist es fünf vor zwölf, wir haben so viele Krisenherde und Konfliktthemen, die wir in einer globalisierten Welt nicht ignorieren können. Da fällt Optimismus manchmal schwer. Andererseits: Herausforderungen, Konflikte und Krisen gab es schon immer. Wir brauchen nur daran zu denken, in welch schwierigen Zeiten der Mann, der heute 102 Jahre ist, geboren wurde.
Auch wenn es manchmal schwer scheint, es lohnt sich, optimistisch zu sein. Es fühlt sich nicht nur gut an, sondern es stärkt auch nachweislich unsere Gesundheit. Verschiedene Studien belegen, dass Optimismus die Wahrscheinlichkeit von schweren Erkrankungen senkt.1 Eine Langzeitstudie der Harvard University über 26 Jahre mit 159.000 Frauen zeigt sogar, dass Optimismus uns nicht nur gesünder macht, sondern tatsächlich unser Leben verlängern kann. Optimistische Studienteilnehmerinnen lebten demnach länger als jene mit einer eher pessimistischen Lebenseinstellung.2 Und diese Ergebnisse lassen sich Experten zufolge auch auf Männer übertragen.
Das Journal of the American Geriatrics Society schreibt dazu noch etwas konkreter, dass eine optimistische Lebenseinstellung die Lebenserwartung um bis zu 5,4 Prozent erhöhen kann.3 Gemessen an der derzeitigen Lebenserwartung der Deutschen, die bei 83,3 Jahren für Frauen und 78,6 Jahren4 für Männer liegt, sind das immerhin 4,5 bzw. 4,2 Jahre. Optimisten erleben zudem weniger Stress und Burnouts und berichten insgesamt von einer höheren Lebenszufriedenheit.5 Sogar die Entzündungsmarker fallen bei optimistischen Menschen geringer aus, und auch auf Chromosomenebene lassen sich Unterschiede feststellen, nämlich bei der Telomerlänge. So haben Pessimisten kürzere Telomere, was sie schneller altern lässt.
Nicht nur, aber auch aufgrund dieser wissenschaftlichen Ergebnisse möchte ich diesen Optimismus hier weitertragen. Mehr Optimismus täte uns an vielen Stellen gut, auch wenn nicht jeder und jede von uns das Glück hat, 102 Jahre alt zu werden. Es geht dabei nicht um das Schönreden oder das Hinwegsehen über Missstände, sondern eher darum, gerade in schwierigeren Zeiten den eigenen Optimismus nicht zu verlieren.
Dabei ist mir absolut klar, dass es allein mit Optimismus nicht immer getan ist – es gibt Krankheiten, Unfälle, Schicksalsschläge, die uns ereilen, die uns so massiv aus der Bahn werfen können, dass optimistisches Denken allein nichts ausrichten kann. Und doch hilft es selbst in solch schweren Zeiten, diese besser durchzustehen und die psychische Gesundheit zu stärken.
Wer sich selbst zu den Halb-leer-Menschen zählt, für den habe ich eine gute Nachricht: Optimismus ist trainierbar.6 Indem wir uns auf unsere Stärken fokussieren und uns diese bewusst machen. Indem wir uns auf (verschiedene) Lösungsmöglichkeiten konzentrieren statt auf das Problem. Indem wir uns von Misserfolgen nicht herunterziehen lassen, sondern Erkenntnisse daraus gewinnen und für uns nutzen. Indem wir uns das Gute vor Augen führen, das, wofür wir dankbar sind.
Last, but not least ist Optimismus auch eine wichtige Triebfeder bei der Vermögensanlage – nur wenn Sie die innere Überzeugung (man könnte auch sagen: den Optimismus) haben, dass die Märkte sich langfristig positiv entwickeln, investieren Sie entsprechend am Kapitalmarkt. So wie unsere Kundinnen und Kunden. Und auch das zweite Geheimrezept für ein langes Leben lässt sich auf Finanzthemen übertragen: alles in Maßen. Sich nicht zu viele Produkte aufschwatzen lassen, in Sachen Rendite nicht nach vermeintlichen Top-Anlagetipps gieren und sich aufs Wesentliche konzentrieren, nämlich eine möglichst breit gestreute, kostengünstige Aktienanlage, viel mehr braucht es nicht. Nur der dritte Tipp für ein langes Leben trifft in Sachen Geldanlage nicht zu: viel Bewegung. Hier gilt genau das Gegenteil: Einmal richtig investiert reicht fürs ganze Leben, selbst wenn Sie 102 Jahre oder älter werden.