Zu diesen unnötigen Produkten gehören beispielsweise aktiv gemanagte Fonds, Zertifikate, kapitalbildende Versicherungen und einige mehr. Ein weiteres dieser absolut überflüssigen Produkte hat das manager magazin jetzt aus aktuellem Anlass genauer unter die Lupe genommen: Hedgefonds.[1] Hedgefonds sind Investmentfonds, die oft aggressive Anlagestrategien nutzen, darunter Leerverkäufe, Derivate und Hebelwirkung – aus meiner Sicht sind sie eines der am wenigsten für Privatanleger geeigneten Produkte.
Aufgefallen waren sie der Redaktion, weil sie immer teurer werden, obwohl sie zuvor auch schon zu den kostspieligsten Anlageprodukten zählten. Neuerdings machen sich die Hedgefondsmanager jedoch mit immer dreisteren Gebühren die ohnehin schon vollen Taschen noch voller. Das Zauberwort heißt: Pass-through Fees, sprich Durchlaufgebühren.
Was verbirgt sich dahinter? Ganz einfach: Alles, was an Kosten anfällt, wird an die Investoren weitergereicht. Und mit „alles“ meine ich wirklich alles. Waren das früher vor allem Posten wie Mieten, Computerbedarf und Vergütungen, wird heute quasi alles weitergereicht, was an Kosten anfällt. Insgesamt ist die Liste der Durchlaufgebühren laut manager magazin bei den größten fünf Multistrategy-Anbietern seit 2018 um sage und schreibe 40 Prozent gewachsen. Dazu gehören beispielsweise Kosten für Künstliche Intelligenz, für die Entlassung von Mitarbeitenden, für Compliance, Mitarbeitergeschenke, Firmenevents, Vermittlungsgebühren und vieles mehr. Auch die Buchung von Privatjets wird umgelegt. Unglaublich. Das muss man sich einmal vorstellen.
Wäre es aus Anlegersicht nicht so bitter, müsste man die Hedgefondsmanager zu ihrer Kreativität beglückwünschen. Da ist anscheinend jegliches Schamgefühl abhandengekommen.
Halten Sie sich dabei auch gerne vor Augen, dass die Durchlaufgebühren noch eine ganz junge Kostenkategorie sind, die es vor nicht allzu langer Zeit noch gar nicht gab. Es ist das eine, Kosten in Rechnung zu stellen, die mit den erbrachten Leistungen des Fonds noch irgendwie in direkter Verbindung stehen. Etwas ganz anderes aber ist es, mehr oder minder sämtliche Firmenkosten auf den Anleger umzulegen. Das ist schon ziemlich dreist.
Doch was bedeuten die erwähnten hohen Kostenquoten denn etwas konkreter in Zahlen ausgedrückt? Grundsätzlich gilt in der Welt der Hedgefonds zunächst das Gebührenmodell „2 und 20“. Die Anbieter der Fonds erhalten eine Managementgebühr von 2 Prozent auf das angelegte Vermögen, hinzu kommt eine Performancegebühr von 20 Prozent auf die erzielten Erträge. Das ist zunächst nichts Ungewöhnliches. Entscheidend sind die besagten Durchlaufgebühren, denn die kommen bei besagten Multistrategy-Hedgefonds ins Spiel. Zwar fallen dort die 2 % weg, die anfallenden Durchlaufgebühren haben es dafür in sich.
Das Investmenthaus Blackstone hat 100 entsprechende Fonds analysiert – im Schnitt betragen die Durchlaufkosten 6,5 Prozent.[2] Jedes Jahr, wohlgemerkt. Die Durchlaufgebühren der teuersten Fonds rangierten sogar im hohen zweistelligen Prozentbereich.
Was das für die Anlegerrendite bedeutet, zeigt ein Beispiel der Redaktion: So erzielte der Flaggschifffonds von Balyasny im Jahr 2023 laut Bloomberg[3] eine Rendite von 15,2 %. So weit, so gut. Doch schätzen Sie gerne einmal, wie viel davon bei den Anlegerinnen und Anlegern angekommen ist? Schlappe 2,8 Prozent. Unglaublich, weniger als ein Fünftel. Der Rest wanderte in die Taschen des Hedgefondshaus-Gründers Dmitry Balyasny. Die Risiken aber trugen in vollem Umfang die Anleger – ein Unding.
Problematisch wird es dann, wenn es an den Märkten nicht läuft. So war beispielsweise 2023 ein schlechtes Jahr für Hedgefonds, und das ist bei so hohen Gebühren doppelt problematisch. Erstmals wurden einer Analyse der BNP Paribas zufolge weniger Erträge an Anlegerinnen und Anleger ausgekehrt, als vom Management einbehalten wurden. Das manager magazin schreibt: „So erhielt die Kundschaft der Fonds von jedem verdienten Dollar in jenem Jahr lediglich 41 Cent, der Rest blieb beim Fondsanbieter. 2021 hatte der Anteil der Anleger noch bei 54 Cent gelegen.“[4] Die Quittung bekamen die Fondsmanager umgehend – bis Mitte 2024 verzeichneten die Fonds Abflüsse in Höhe von 30 Milliarden Dollar. Solch hohe Einbußen hatte es seit 2016 nicht mehr gegeben. Da kann ich nur sagen: Ich hoffe, das geht so weiter, denn das Anlageprodukt Hedgefonds ist schlichtweg Abzocke.
Und trotzdem eilt Hedgefonds auch heute noch der Ruf einer „Wunderwaffe“ der Finanzmärkte voraus. Das hat vor allem damit zu tun, dass ihnen in der Regel keinerlei Beschränkungen auferlegt werden. Das Anlagemanagement kann also in alle möglichen Bereiche investieren: von klassischen Aktien- oder Anleihemärkten über Währungen und Rohstoffe bis hin zu exotischen Marktsegmenten wie Produkten zur Absicherung gegen Wetterereignisse oder Naturkatastrophen. Zudem kann durch den Einsatz sogenannter Finanzderivate auch noch munter auf steigende oder fallende Kurse gesetzt werden.
Der Mythos Hedgefonds lebt zudem vor allem von den Gewinnerstorys rund um die Fonds, die sensationell gut gelaufen sind. Solche gibt es tatsächlich immer wieder. Tatsache ist aber auch: Die meisten Hedgefonds werden wegen Erfolglosigkeit geschlossen. Davon hört man in der Regel nichts, denn die Medien sprechen auch hier – mit Ausnahme besonders spektakulärer Pleiten – lieber über Gewinner als über Verlierer.
Erfahrungsgemäß ist es zudem so, dass diese ganz besonderen Produkte nur ganz besonders guten Kunden angeboten werden. Wenn Sie, liebe Leserinnen und Leser, zu diesen auserwählten besonders guten Kunden gehören und Ihnen jemand einen Hedgefonds empfiehlt, dann können Sie sich ganz entspannt zurücklehnen, sich Ihren Teil denken und dieses vermeintlich tolle Angebot dankend ablehnen – Ihr Geld wird es Ihnen danken.