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Nichts als Schall und Rauch

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„Rauchen ist schädlich“ – das ist allgemein bekannt, unabhängig davon, ob man wie ich nie geraucht hat oder wie ein guter Freund schon seit vielen Jahren gerne und regelmäßig zur Zigarette greift. Die Beweislage ist eindeutig, die wissenschaftlichen Untersuchungen und die empirische Datenlage rund um das Rauchen zeigen zweifelsfrei, dass ein Zusammenhang zwischen regelmäßigem Nikotinkonsum und einer überdurchschnittlichen Wahrscheinlichkeit, an Krebs zu erkranken, besteht. So haben Raucherinnen und Raucher gegenüber Nichtraucherinnen und Nichtrauchern ein doppelt so hohes Risiko, an Krebs nicht nur zu erkranken, sondern auch daran zu sterben.[1] Das Deutsche Krebsforschungszentrum erklärt dazu: „Der Zigarettenkonsum ist in den Industrieländern das bedeutendste einzelne Gesundheitsrisiko und die führende Ursache frühzeitiger Sterblichkeit.“[2] Die WHO schätzt, dass im Jahr 2030 weltweit jährlich acht Millionen Menschen vorzeitig an den Folgen des Zigarettenkonsums sterben werden.[3] Niemand stellt heute mehr in Frage, dass Rauchen schädlich ist, weil die Zahlen eine klare Sprache sprechen.

Ähnlich verhält es sich in vielen anderen Bereichen des täglichen Lebens: Zucker macht dick, Fliegen schadet der Umwelt, regelmäßige Bewegung ist gut für die Gesundheit. Diese immer wieder durch empirische Untersuchungen wissenschaftlich belegten Erkenntnisse werden gehört und ernst genommen. Es bildet sich ein Konsens, der in aller Regel dann nicht mehr grundsätzlich hinterfragt, sondern durch immer neue Untersuchungen wissenschaftlich bestätigt wird.

Ganz anders hingegen in der Finanzindustrie: Hier gilt unter Experten seit Jahren ein Fakt als wissenschaftlich bewiesen – und trotzdem wird er von bestimmten Marktteilnehmern ignoriert und immer wieder negiert. (Von welchen und warum, dazu kommen wir noch, denn das ist ein springender Punkt bei dem Thema.) Dabei sprechen auch hier die Zahlen – ähnlich wie beim Rauchen – eine eindeutige Sprache. Sie könnten für Anlegerinnen und Anleger eine wichtige Hilfestellung sein, im Dschungel der vielen Anlagemöglichkeiten den richtigen Weg zu finden. Doch das ist nicht gewollt, zumindest nicht von den Marktteilnehmern, die davon profitieren, wenn diese finanzwissenschaftlichen Erkenntnisse ignoriert werden. Erkenntnisse wie zum Beispiel die der neuesten SPIVA-Auswertung[4], die die FAZ letzte Woche aufgegriffen hat.

87 Prozent der aktiven Manager schlagen den Markt nicht

SPIVA steht für „S&P Indices versus active“. In dieser Auswertung wird seit zehn Jahren die Performance von aktiven Fonds neben die des jeweiligen Vergleichsindex gelegt. Dabei schneiden regelmäßig die aktiv gemanagten Fonds denkbar schlecht ab. So auch im aktuellen Report: 87 Prozent der aktiv verwalteten Fonds mit Sitz in Deutschland haben im letzten Jahr schlechter performt als ihr Vergleichsindex. 87 Prozent! Und auch wenn wir den Blick weiten und auf die letzten zehn Jahre schauen, bleiben die Zahlen erschütternd: 85 Prozent der aktiven Fonds haben es in diesem Zeitraum nicht geschafft, den Index zu schlagen.

So oft schlagen aktive Fonds den Index nicht

Das ist deswegen so verheerend, weil viele Anlegerinnen und Anleger genau auf das hoffen, was die aktiven Fondsmanager immer und immer wieder vollmundig versprechen: „Wir können den Markt schlagen. Durch geschicktes Timing und entsprechende Marktkenntnis ist das möglich.“ Tatsächlich gelingt es ihnen aber – wie die Zahlen zeigen – nur sehr selten. Von einer systematischen Überlegenheit des aktiven Managements gegenüber dem indexbasierten Anlegen ist dagegen nichts zu spüren. Die bei SPIVA wie bei allen anderen Untersuchungen verbleibenden „Outperformer“ (es schaffen ja im Umkehrschluss der obigen Zahlen eben doch 13 bzw. 15 %, den Markt zu schlagen) sind zudem nicht verlässlich. Es ist reiner Zufall, ob ein Top-Performer aus diesem Jahr oder den letzten 10 Jahren auch im nächsten Jahr wieder top performen wird – da könnte man genauso gut eine Münze werfen.

Andere Länder, andere Erfolge?

Und auch in anderen Ländern sieht es nicht besser aus, im Gegenteil: In Frankreich und Italien schneidet das aktive Management auf Jahressicht noch schlechter ab, die Franzosen schaffen es zu 90 Prozent nicht, eine Outperformance zu erzielen, in Italien sind es sogar 98 Prozent der aktiven Managerinnen und Manager, die den Index nicht schlagen konnten. Anders scheint es in der Schweiz und in Großbritannien zu laufen: 42 Prozent der britischen Fondsmanager haben den Index geschlagen, in der Schweiz sind es sogar 51 Prozent. Allerdings eben auch nur auf Sicht eines Jahres. Bei der 10-Jahres-Betrachtung fallen die Werte ähnlich ernüchternd aus wie in Deutschland: 80 Prozent der aktiven Fonds schnitten schlechter ab als ihr Vergleichsindex. 

Die Zahlen zeigen also immer und immer wieder, dass aktive Fondsmanager auf Dauer und systematisch den Markt nicht schlagen – also keine höhere Rendite als ein Vergleichsindex erzielen – können. Das spiegelt sich auch darin wider, dass die Gruppe der Manager, die den Markt schlagen, ständig wechselt. Es sind nie dieselben Manager und nie dieselben Fonds, zumindest nicht langfristig. Und es liegt ja in der Natur der Sache, dass es unter hundert Managern welche geben muss, die gute Entscheidungen treffen – diese sind aber nicht systematisch wiederholbar, sondern vom reinen Zufall kaum zu unterscheiden. Bei diesem Befund ist übrigens noch nicht berücksichtigt, dass ständig aktive Fonds geschlossen werden, die nicht so gut laufen. So wurde laut SPIVA knapp jeder zweite aktive Fonds in den letzten zehn Jahren fusioniert oder eingestellt. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen – 50 Prozent der aktiven Fonds, die es vor zehn Jahren noch gab, gibt es nicht mehr, weil sie in aller Regel wegen Misserfolg eingestellt wurden. Und wenn diese besonders schlecht gelaufenen Fonds noch in der Statistik wären, würden die eingangs genannten SPIVA-Zahlen noch deutlich verheerender ausfallen – aus den 85 bzw. 87 % in Deutschland würden bei einer 50 % größeren Grundgesamtheit an Fonds knapp 93 bis 94 % werden, die es nicht schaffen, höhere Renditen als die Indexrenditen zu erwirtschaften.

Jeder zweite aktive Fond wird geschlossen

Es wird also empirisch immer wieder belegt, dass aktives Management nicht funktioniert, die SPIVA-Untersuchung erscheint jährlich mit mehr oder weniger immer gleichen Ergebnissen – und trotzdem behaupten aktive Managerinnen und Manger genau das unbeirrt weiter. Warum sie das tun? Weil sich mit aktivem Management gut Geld verdienen lässt, allerdings nicht für Anlegerinnen und Anleger, sondern für die Fondsgesellschaften und das Fondsmanagement durch hohe Gebühren sowie für die Banken, die entsprechende Provisionen bekommen. Deshalb wird weiterhin so getan, als könne man den Markt schlagen, obwohl die Zahlen klipp und klar sagen: Aktives Management kann nicht verlässlich funktionieren.

Dabei hat doch jeder von uns die ganz persönliche Freiheit, selbst zu entscheiden, was er oder sie mit einer wissenschaftlich belegten Information – sei es „Rauchen ist schädlich“ oder „Aktives Management funktioniert höchstens zufällig und nie langfristig“ – anstellt. Wenn ein leidenschaftlicher Genussraucher weiterhin dem Nikotin frönt, tut er das eben trotz des Wissens, dass es ungesund ist. Trotzdem wird sich heute kaum ein Raucher hinstellen und behaupten, Rauchen sei ungefährlich.

Und wenn ein Fan des aktiven Managements ganz bewusst auf den Versuch setzt, trotz des Wissens, dass die Rendite mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht über der des Marktes liegen wird, sondern die Versprechen aktiver Manager in Schall und Rauch aufgehen, dann steht das jedem frei. Der Unterschied ist eben nur, dass im aktiven Management die empirischen Belege („Aktives Management funktioniert nicht.“) wegdiskutiert werden. Und das kann Anlegerinnen und Anleger in die Irre führen. Ich würde es begrüßen, wenn hier ehrlicher kommuniziert werden würde. So können Anlegerinnen und Anleger sich selbst eine Meinung bilden und laufen nicht Gefahr, dass die eigene Rendite in Schall und Rauch aufgeht.

Autor: Karl Matthäus Schmidt, Vorstandsvorsitzender der Quirin Privatbank und Gründer von quirion

 

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Disclaimer/rechtliche Hinweise

Der Beitrag ist mit größter Sorgfalt bearbeitet worden. Er enthält jedoch lediglich unverbindliche Analysen und Erläuterungen. Die Angaben beruhen auf Quellen, die wir für zuverlässig halten, für deren Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität wir aber keine Gewähr übernehmen können. Die Informationen wurden einzig zu Informations- und Marketingzwecken zur Verwendung durch den Empfänger erstellt und können keine individuelle anlage- und anlegergerechte Beratung ersetzen.

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[1] Rauchen und Krebs - krebsgesellschaft.de
[2] WHO-Kollaborationszentrum für Tabakkontrolle bestätigt - zum 4. Mal in Folge
[3] WHO-Kollaborationszentrum für Tabakkontrolle bestätigt - zum 4. Mal in Folge
[4] SPIVA® Europe Year-End 2023 | S&P Dow Jones Indices

 

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