Ja, da ist sie mal wieder. Lange nicht gehört und schon ein wenig vermisst – und plötzlich kommt sie unverhofft um die Ecke: die Forderung nach einem Provisionsverbot in der Bankberatung, zu lesen im aktuellen Bundestagswahlprogramm der Grünen.[1] Diese Forderung aus politischen Kreisen ist grundsätzlich nicht neu, das kommt immer mal wieder vor, wenn es eben gerade ins politische Kalkül passt. In den Anfangsjahren der Quirin Privatbank haben mich solche Ankündigungen zuversichtlich gestimmt, mittlerweile weiß ich, dass aus diesen hehren Forderungen meist nicht viel wird. So ist die Quirin Privatbank heute wie bei der Gründung vor 15 Jahren noch immer die einzige Bank in Deutschland, die ausschließlich gegen Honorar berät und die auf die Annahme jedweder Provisionen verzichtet. Dass wir nach wie vor die Einzigen sind, liegt vor allem an der Tatsache, dass es bis heute kein Verbot von Provisionen gibt. Das ist aus Anlegersicht bitter.
Verkaufs- statt Beratungsgespräche
Denn der provisionsbasierte Abverkauf herkömmlicher Banken bringt für Anleger mehrere Probleme mit sich:
Verbot ist richtig, da freiwillig keine Abkehr
Die Idee eines gesetzlichen Provisionsverbots ist deshalb heute richtiger und wichtiger denn je. Freiwillig wird es seitens der Branche keine Abkehr von Provisionen geben, dafür verdienen herkömmliche Banken viel zu viel damit. Ein Bankvorstand sagte mal zu mir: „Herr Schmidt, ich finde Ihr Konzept der Honorarberatung super und würde es auch gern so umsetzen. Das kann ich aber nicht, da ich im Provisionsbetrieb schlichtweg mehr verdiene!“ So offen geben das die wenigsten zu. Und ja, auch wir könnten mit Provisionen mehr verdienen, als wir es jetzt tun, wollen aber nicht gegen unsere Kunden Geld verdienen, sondern mit ihnen.
Volkswirtschaftliche Schäden enorm – und oft erst spät erkennbar
Warum bin ich so ein Fan und Verfechter der unabhängigen Beratung? Weil der volkswirtschaftliche Schaden, der in der provisionsbasierten Beratung für uns alle entsteht, enorm ist und verhindert werden könnte, wenn das System ein anderes wäre. Zudem treten die Folgen einer durch Provisionsanreize falschen Beratung erst Jahre später zu Tage. Beim Autokauf kann ich eine Runde um den Block fahren, um die Funktionsfähigkeit des Wagens zu testen. Die Qualität einer Anlageberatung kann ich nicht testen, sie zeigt sich erst nach 10, 20 oder 30 Jahren. Und dann ist es meist zu spät, das angestrebte finanzielle Ziel noch zu erreichen. Deshalb ist die Finanzberatung ein Vertrauensgut und kein Gebrauchsgut. Ich habe den Eindruck, dass Verbraucher heute beim Autokauf besser geschützt sind als bei der Bankberatung, beispielsweise durch die Produkthaftung.
Gesetzgeber schützt lieber Banken als Anleger
Doch statt im Sinne aller Anleger tätig zu werden und Provisionen zu verbieten, hält der Staat lieber seine schützende Hand über die Bankenbranche. Die nationale Umsetzung der europäischen Finanzmarktrichtlinie MiFID II kommt einem Bankenschutzgesetz gleich, nicht einem Verbraucherschutzgesetz.
Zudem gibt es keine Voraussetzungen für einen gleichberechtigten Wettbewerb der beiden Systeme (provisionsfinanzierte Verkaufsgespräche und unabhängige Beratungsgespräche gegen Honorar) nebeneinander. Das ärgert mich persönlich ganz besonders. So existiert keine steuerliche Gleichstellung, denn auf Honorare fallen 19 Prozent Umsatzsteuer an, auf Provisionen nicht.
Und das Honoraranlageberatungsgesetz ist sicher gut gemeint, aber es stellt den Nachteil, die Bezahlung, in den Vordergrund. Besser wären Berufsbezeichnungen wie beispielsweise in den USA, hier werden die Berater entweder als independent (also unabhängig) oder dependent (von Provisionen abhängiger Berater) bezeichnet.
Kunde wird über den Tisch gezogen
Doch die Praxis hierzulande sieht anders aus: Durch die Provisionsorientierung der Finanzberatung sitzt der Kunde auf der gegenüberliegenden Seite des Tisches – und wird regelmäßig über denselben gezogen. In anderen beratenden Berufen ist es selbstverständlich, dass der Berater zu 100 Prozent die Kundeninteressen vertritt. Niemand würde zu einem Steuerberater gehen, der vom Finanzamt bezahlt wird. Bei der Geldanlage hingegen vertrauen die Menschen Banken, obwohl sie von Fondsgesellschaften oder Versicherungen für den Verkauf ihrer Produkte bezahlt werden.
Europäische Nachbarn machen vor, wie es geht
Dabei kann der Interessenkonflikt des Beraters ganz einfach aufgelöst werden, indem der Berater ausschließlich vom Kunden bezahlt wird. So ist es bei uns im Haus. Der Einzige, der uns bezahlt, ist der Kunde. Und der Vorteil liegt auf der Hand: Der Kunde bekommt einen Anlageberater, dem er zu 100 Prozent vertrauen kann, und on top noch günstigere und bessere Produkte. Das zeigen Analysen aus Ländern, in denen die unabhängige Beratung bereits etabliert ist, wie Holland und England. Flankiert wird sie von einem Provisionsverbot – der Berater darf sich nicht von Produktanbietern bezahlen lassen. Dadurch haben sich die Qualität der Finanz- und Anlageberatung und die der angebotenen Produkte erheblich verbessert, auch wenn die Vertreter der Provisionsindustrie gern und immer wieder das Gegenteil behaupten.
Gegen die positiven Erfahrungen insbesondere der europäischen Nachbarn macht die Provisionslobby in enormem Ausmaß mobil. Die Argumente gegen ein Provisionsverbot und eine damit verbundene flächendeckende Einführung der Honorarberatung sind seit Jahren die gleichen:
Provisionsberatung reduziert Anlageerfolg
Amüsant fand ich auch das folgende Argument gegen ein Provisionsverbot, das ich neulich gelesen habe: Das staatliche Ziel der Vermögensbildung ist für die breite Bevölkerungsschicht nur mit Provisionsberatung sicherzustellen. Ich musste herzlich lachen, aber eigentlich ist es ja nicht zum Lachen, sondern eher erschütternd. Genau das Gegenteil ist der Fall. Die Provisionsberatung ist eben gerade nicht geeignet für die Vermögensbildung, weil viel zu große Teile des Vermögens und der Erträge beim Berater oder der Bank landen – in Form von Ausgabeaufschlägen, Managementgebühren, Verwaltungskosten, Bestandsprovisionen, Performance Fees etc. Ich habe erst kürzlich ausführlich über das Thema geschrieben, im Tagebuch vom 19. März 2021. Daraus stammt auch die folgende Kostenaufstellung, die einfach noch mal veranschaulichen soll, wie nachteilig der Provisionsbetrieb im Vergleich zur Honorarberatung ist. So kommt beispielsweise ein Anleger, der auf kostengünstige ETFs und eine unabhängige Beratung setzt, bei einem Anlagevolumen von 200.000 Euro nach 10 Jahren auf ein um 30.000 Euro besseres Anlageergebnis – trotz Beratungshonorar.
Honorar klingt teuer, ist es aber nicht
Honorare kennen viele von Ihnen vielleicht vom Steuerberater, vom Architekten oder vom Rechtsanwalt. Zunächst klingt das manchmal teuer und wird oft auch mit einer stundenweisen Vergütung gleichgesetzt. Dem ist aber nicht so. In der Bankberatung ist das Honorar in der Regel kein Stundenhonorar, sondern ein jährlicher Prozentsatz vom angelegten Vermögen. Egal wie oft Sie mit Ihrem Berater sprechen, an den Kosten ändert sich nichts, Sie zahlen nicht pro Stunde, sondern eben pauschal pro Jahr für die Verwaltung Ihres Vermögens – bei der Quirin Privatbank sind das beispielsweise 1,28 Prozent aufs angelegte Vermögen. Und das ist zusammen mit den Fondskosten immer noch deutlich weniger, als Sie für die Produkte in provisionsfinanzierten Häusern bezahlen.
Wir gehen unseren Weg
Besser, günstiger und für alle Vermögensklassen umsetzbar – das ist die unabhängige Beratung gegen Honorar. Und trotzdem gibt es auch hier schwarze Schafe, wie dieser Tage die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg berichtete.[3] Das ist sehr ärgerlich und zudem ein gefundenes Fressen für die Provisionslobby deutscher Banken. Fakt ist und bleibt aber dennoch, dass die Chancen, eine Beratung auf Augenhöhe zu erleben, passende Produkte angeboten zu bekommen und einen maximalen Anlageerfolg durch niedrige Kosten einzufahren, bei der unabhängigen Beratung ungleich viel höher sind als in provisionsfinanzierten Bankbetrieben.
Seit 15 Jahren beraten wir unsere Kundinnen und Kunden unabhängig, wir haben keine hauseigenen Produkte, sondern können die besten Produkte am Markt für sie aussuchen. Damit entfällt der in anderen Häusern gängige und den Alltag bestimmende Vertriebsdruck, Produkte an den Mann oder die Frau zu bringen, die oft nicht zum Kunden, zum Rendite-Risiko-Profil oder zur Anlagedauer passen. Anfangs wurden die Bank und ich dafür oft belächelt, die Unkenrufe der provisionsfinanzierten Branche waren laut. Das kann nicht funktionieren, war man sich einig. Wir hatten uns mehr Rückenwind von der Politik erhofft, im Interesse aller Anleger in Deutschland. Mal sehen, ob er jetzt kommt, sollten die Grünen eine Regierungspartei werden. Ich würde mich freuen, aber ich weiß, dass wir unseren Weg auch ohne politischen Rückenwind erfolgreich weitergehen, weil wir Kunden haben, die den Nutzen der unabhängigen Beratung kennen und schätzen. Vielen Dank für Ihr Vertrauen.
Autor: Karl Matthäus Schmidt, Vorstandsvorsitzender der Quirin Privatbank und Gründer von quirion
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