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Private Altersvorsorge: Die eigentlichen Probleme bleiben ungelöst

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Renditestark und günstig, einfach und flexibel, transparent und verständlich – so soll sie sein, die neue private Vorsorge, die das bisherige Riester-Modell ablösen soll. So empfiehlt es die „Fokusgruppe private Altersvorsorge“ in ihrem Abschlussbericht auf der Webseite des Bundesfinanzministeriums[1]. So weit, so gut. 

Doch wie sehen die von der Kommission diskutierten Vorschläge sowie die daraus abgeleiteten Empfehlungen konkret aus? Ich habe mir das genauer angesehen – und bin ernüchtert. Letztlich ist der Bericht das Ergebnis eines Kompromisses und stellt auf den ersten Blick den kleinsten gemeinsamen Nenner der in der Fokusgruppe vertretenen Interessengruppen dar – Versicherungswirtschaft, Fondsindustrie und Verbraucherschutz. Bei genauerer Betrachtung spiegelt er aber leider nur die Interessen der Finanzbranche wider.

Im Wesentlichen hat man sich auf die Empfehlung geeinigt, in Zukunft darauf zu verzichten, die Anbieter zur garantierten Rückzahlung der eingezahlten Beiträge zu verpflichten. Dies erlaubt es, in Zukunft größere Anteile der angesparten Beträge in Aktien zu investieren, deren Risiken man langfristig für überschaubar hält. Zudem soll zukünftig nicht mehr gelten, dass mit einem geförderten Altersvorsorgeprodukt zwingend eine Rentenzahlung bis ans Lebensende (Leibrente) verbunden sein muss. Beide Empfehlungen sind meines Erachtens sinnvoll und können von daher nur unterstützt werden.

Allerdings beseitigen sie nicht die eigentlichen Defizite der bisherigen privaten Altersvorsorge – insbesondere der Riester-Angebote –, nämlich die mangelnde Qualität und zu hohe Komplexität der Anlageprodukte, die überhöhten Kosten sowie die zu geringen Renditen. Manchmal wird argumentiert, die geringen Renditen lägen an der Beitragsgarantie, die einen nennenswerten Aktienanteil verhindere. Das ist jedoch nur ein Teil der Wahrheit. Insbesondere Riester-Verträge haben sich nicht nur deshalb nicht gelohnt, weil man zu wenig in Aktien investieren durfte, sondern auch, weil meistens in zu teure und ungeeignete Anlagen investiert wurde.

Die eigentlichen Probleme bleiben ungelöst

Der Abschlussbericht lässt befürchten, dass sich das auch in Zukunft nicht ändern wird. Der einzige vorliegende Vorschlag, der in der Lage gewesen wäre, dieses Problem ernsthaft anzugehen – nämlich ein von der Verbraucherzentrale angeregter öffentlich verwalteter Fonds –, wurde mehrheitlich abgelehnt. Offenbar war man in der Fokusgruppe der Meinung, dass der Wettbewerb von selbst für geeignete und kostengünstige Angebote sorgen werde.

Ich fürchte allerdings, dass das nicht gelingt, denn dieser Hoffnung liegt meines Erachtens ein Missverständnis über die Funktionsweise des „Marktes“ für Altersvorsorgeprodukte zugrunde. Es gibt dabei keinen souveränen Konsumenten, der genau weiß, was er will und braucht, und dann – nachdem er objektiv beraten wurde – die für ihn passende Anlage auswählt. Statt diesem Idealbild zu entsprechen, hat dieser Markt mehr Gemeinsamkeiten mit dem Gesundheitswesen, wo sich Patient und Arzt eben nicht auf Augenhöhe gegenüberstehen. Realität ist, dass der Patient genau das macht, wozu ihm der Arzt rät – im berechtigten Vertrauen darauf, dass dies auch zu seinem Besten ist.

Ein solches Vertrauen ist in der provisionsgetriebenen Finanzbranche allerdings nicht angebracht. Denn hier dominiert das Interesse, möglichst hoch verprovisionierte Produkte an den Mann oder die Frau zu bringen. Diese Interessenlage trifft auf Anleger, die letztlich nicht in der Lage sind, die diversen Angebote zu beurteilen, deren eigentlicher Wert sich ja erst nach Jahrzehnten zeigt. Daher wird gerne mit kurzfristig wirkenden Effekten, die für den langfristigen Erfolg nachweisbar irrelevant sind, ein Qualitätsstandard suggeriert, der tatsächlich nicht vorhanden ist – zum Beispiel mit einer besonders guten Wertentwicklung im zurückliegenden Jahr. Den Beratern wird dabei nicht selten mehr oder weniger blind vertraut. Auf diese Weise lassen sich ganz einfach überteuerte Produkte verkaufen.

Angesichts dieser Konstellationen mutet es geradezu weltfremd an, wenn sich die Fokusgruppe in ihrem Bericht über die „geringe Kostensensibilität“ seitens der „Altersvorsorgenden“ wundert und feststellt, dass „mehr als 60 % der Personen mit Riester-Vertrag (…) bei Abschluss kein Vergleichsangebot eingeholt“ hatten. Wie bitte soll das möglich sein, wenn a) der Berater daran gar kein Interesse hat und b) die Komplexität und Unterschiedlichkeit der Angebote genau einen solchen Vergleich unmöglich machen? Die traurige Realität der provisionsgetriebenen Anlagewelt ist: Die Produkte sind nicht deshalb teuer, weil sie kompliziert sein müssen, sondern sie sind kompliziert, weil sie teuer sein sollen.

Leider sind die im Abschlussbericht letztlich empfohlenen Maßnahmen nicht geeignet, die Unzulänglichkeiten der privaten Altersvorsorge zu beseitigen. Dabei gibt es durchaus entsprechende Anregungen, wie die gravierendsten Defizite vermieden werden könnten, ohne dass es hierzu eines von der öffentlichen Hand verwalteten Fonds bedarf. 

Alternative zum Vorschlag der Fokusgruppe private Altersvorsorge

Wir selbst haben hierzu einen konkreten Vorschlag unterbreitet, der sich an das britische Modell der „Individual Savings Accounts“ anlehnt, das vor allem durch seine Unkompliziertheit sowie eine Einkommenssteuerbefreiung innerhalb gewisser Grenzen die private Altersvorsorge enorm angeregt hat.

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Wirklich innovative Verbesserungsvorschläge sind also durchaus vorhanden. Ein Mangel herrscht jedoch an der Bereitschaft, bestehende Provisionspfründe anzutasten und auf diese Weise zu wirklich zielführenden Lösungen zu kommen. Der Abschlussbericht sowie die Tatsache, dass die Innovatoren des Finanzdienstleistungssektors, sprich die Fintechs, Online-Broker und Robo-Advisor, nicht ernsthaft gehört wurden und in der Fokusgruppe nicht vertreten waren, sind ein Beleg dafür.

Deshalb sind die Vorschläge der Kommission, so gut sie auf den ersten Blick wirken mögen, bei genauerer Betrachtung wieder einmal nur ein halbherziges Reförmchen statt einer echten Reform. Das ist bitter, vor allem für die Millionen Deutschen, die dringend auf eine zukunftsfeste Altersvorsorge angewiesen sind.

Autor: Karl Matthäus Schmidt, Vorstandsvorsitzender der Quirin Privatbank und Gründer von quirion

 

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[1] Bundesfinanzministerium – Fokusgruppe private Altersvorsorge legt Reformempfehlungen vor

Disclaimer/rechtliche Hinweise

Der Beitrag ist mit größter Sorgfalt bearbeitet worden. Er enthält jedoch lediglich unverbindliche Analysen und Erläuterungen. Die Angaben beruhen auf Quellen, die wir für zuverlässig halten, für deren Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität wir aber keine Gewähr übernehmen können. Die Informationen wurden einzig zu Informations- und Marketingzwecken zur Verwendung durch den Empfänger erstellt und können keine individuelle anlage- und anlegergerechte Beratung ersetzen.

Die Informationen stellen keine Anlage- Rechts- oder Steuerberatung, keine Anlageempfehlung und keine Aufforderung zum Erwerb oder zur Veräußerung dar. Die Vervielfältigung und Weiterverbreitung ist nicht erlaubt. Kein Teil darf (auch nicht auszugsweise) ohne unsere ausdrückliche vorherige schriftliche Genehmigung nachgedruckt oder in ein Informationssystem übertragen oder auf irgendeine Weise gespeichert werden, und zwar weder elektronisch, mechanisch, per Fotokopie noch auf andere Weise.

 

[1] Bundesfinanzministerium – Fokusgruppe private Altersvorsorge legt Reformempfehlungen vor

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