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Bitcoin-ETFs: der Wolf im Schafspelz?

Karl Matthäus Schmidt
,
CEO und Gründer der Quirin Privatbank AG
7
Minuten

Neulich fragte mich ein Kunde auf einer unserer Jahresauftakt-Veranstaltungen: „Herr Schmidt, die US-Börsenaufsicht hat gerade den ersten Bitcoin-Indexfonds zugelassen, damit wird die Nachfrage doch sicher enorm steigen – haben Sie Pläne, diese ETFs auch Ihren Kunden anzubieten?“ Eine Frage, die aus Anlegersicht naheliegend ist, kommt die Zulassung seitens der US-Aufsichtsbehörde SEC doch wahrscheinlich einem Ritterschlag gleich, der darüber hinaus direkt oder indirekt signalisiert: Diese ETFs sind jetzt eine allgemein akzeptierte und anerkannte Anlageklasse wie Aktien, Anleihen und andere.  

Die Wirtschafts- und Fachpresse befasst sich anlässlich der Zulassung nun ebenfalls genauer mit den neuen Bitcoin-ETFs. So auch der SPIEGEL[1]. Die Redaktion hat mit Verbraucherschützer Niels Nauhauser über Attraktivität, Chancen und Risiken der neuen Anlagemöglichkeit gesprochen, mit einem vernichtenden Urteil: Der Verbraucherschützer aus Baden-Württemberg rät dringend von Krypto-Anlagen jedweder Art ab, die neuen Bitcoin-ETFs eingeschlossen. Ob ich diese Meinung teile oder nicht, dazu gern später mehr. 

 Wolf im Schafspelz

Bitcoin-Kursentwicklung: Berg- und Talfahrt

Fakt ist, Kryptowährungen unterliegen extremen Wertschwankungen – das zeigt der Blick sowohl auf die jüngere als auch auf die ältere Vergangenheit. Keine Frage, im Vergleich zu den Anfangsjahren ist der Wert des Bitcoins in der letzten halben Dekade kräftig gestiegen. So konnten sich Bitcoin-Besitzer im November 2021 beispielsweise über einen Höchststand von etwa 64.000 USD freuen, zwei Jahre zuvor stand der Kurs noch bei 7.200 USD. Wer indes ein Jahr später Bitcoins besaß, dürfte weniger erfreut gewesen sein – da war selbiger nur noch 16.600 USD wert, ein Verlust von sage und schreibe rund 74 Prozent. Noch ein Jahr später, im Dezember 2023, hatte sich der Kurs spürbar erholt und notierte bei etwa 44.500 USD, Anfang Januar 2024 sogar bei knapp 49.000 USD.

Wer nun – wie ich – vermutet hat, dass die Zulassung des Bitcoin-ETF durch die SEC dem Kurs weiteren kräftigen Rückenwind verleihen würde, der irrt. Das Gegenteil war der Fall. Seit Bekanntwerden der Neuigkeit befindet sich der Kurs tendenziell eher auf Talfahrt, zwischenzeitlich lag er bei 39.000 USD. Auch die nachfolgende Grafik zeigt, wie volatil der Wert des Bitcoins doch ist, welch starken Schwankungen er immer wieder ausgesetzt ist. 

Berg- und Talfahrt des Bitcoin-Kurses

Das liegt vor allem daran, dass hinter Kryptowährungen im Gegensatz zu Aktien kein echter, reeller Unternehmenswert steht, es ist kein Produktivkapital. Anlegerinnen und Anleger partizipieren nicht am unternehmerischen Wachstum, es gibt keine Gewinnbeteiligungen in Form von Dividende, der Bitcoin und andere Kryptowährungen haben schlichtweg keinen inneren Wert – daran ändert auch die Umverpackung als ETF nichts. Vielmehr hängt der Wert des Bitcoins einzig und allein davon ab, ob sich künftig jemand findet, der einen noch höheren Preis dafür bezahlen will.

Bitcoin, die digitale Währung der Zukunft?

Von vielen Anhängern wird der Bitcoin auch deswegen so geschätzt, weil sie in ihm die digitale Währung der Zukunft sehen. Mich persönlich fasziniert die Technologie, die hinter Kryptowährungen steht, enorm, und trotzdem ist der Bitcoin Stand heute keine digitale Währung. Als Zahlungsmittel ist er aufgrund der extrem hohen Schwankungen (wir haben es oben gesehen) absolut ungeeignet – ich kenne zumindest niemanden, dem es egal ist, ob er sich von einer Münze heute einen BMW und morgen aufgrund der Kursschwankungen nur noch einen Fiat 500 kaufen kann. Und auch als Krisenwährung taugen Kryptowährungen kaum – ähnlich wie Gold können Bitcoins und Co., wie wir in den letzten Jahren sehen konnten, bei besonders krisenhaften Entwicklungen beileibe nicht immer im Kurs profitieren.

Kontrollierte Angebote statt Wildwuchs am Markt

Warum aber werden Bitcoin-ETFs dann zugelassen, wenn sie so volatil und für den Privatanleger mit allerhöchster Vorsicht zu genießen sind? Um einen unkontrollierten Wildwuchs und unseriöse Angebote am Markt zu unterbinden oder zumindest zu reduzieren. Es ist ein bisschen wie beim Glücksspiel: Der deutsche Staat weiß, dass er Glücksspiel nie völlig beseitigen kann, und betreibt deshalb Spielcasinos, um einen geordneten, gesetzeskonformen Ablauf sicherzustellen, so formuliert es FinanzBusiness[2] diese Woche. Handel und Abwicklung sollen strukturiert sein, Regeln und Grundsätze eingehalten werden, damit die Anlegerinnen und Anleger, die trotz der Risiken in Kryptowährungen investieren wollen, das dann zumindest mit soliden Anbietern tun.

Banken wittern Chance: Sind Krypto-ETFs die neuen Lehman-Zertifikate?

Während Verbraucherschützer wie Niels Nauhauser vor allem vor den Risiken der neuen Bitcoin-ETFs warnen, freuen sich viele Banken und Finanzdienstleister hierzulande über die Zulassung, bedeutet sie doch die Erschließung neuer Ertragsquellen. Ich persönlich sehe die Gefahr, dass hier ein Nachfolger der Lehman-Zertifikate heranwachsen könnte – hochspekulative Anlagen, die unter dem Deckmantel der Harmlosigkeit verkauft werden, ohne dass hinreichend über die hohen Kursverlustrisiken gesprochen wird. Ähnlich argumentiert auch Nauhauser: „Die Finanzbranche verkauft den Leuten alles, solange sie daran verdienen kann. Schauen Sie sich doch an, zu welchen Kursschwankungen die Fake News über eine mögliche Zulassung von Bitcoin-ETFs durch die US-Börsenaufsicht geführt haben. (…) Eine Investition gleicht dem Glücksspiel.“[3]

FinanzBusiness hingegen sieht das eher durch die Brille der Banken: „Nach historischem Dammbruch: Jetzt setzen deutsche Banken und Sparkassen auf Krypto“ und weiter: „Selbst Genossenschaftsbanken und Sparkassen zeigen großes Interesse an der Digitalwährung.[4] In sie zu investieren, ist zwar riskant – aber keine Zockerei.“ Dem kann ich nur vehement widersprechen – so spannend ich die Technologie finde, so verheerend kann es sein, das eigene Vermögen in Kryptowährungen zu investieren. Es hat immer schon Anlage-Hypes gegeben – Bitcoins und Co. sind nur ein weiterer und mit Sicherheit nicht der letzte.

Allein die Zulassung von Bitcoin-ETFs ist ein unglaublich starkes Signal an Anlegende. Es bedeutet einfach gesagt: Die Banken dürfen das jetzt anbieten, dann muss das doch ein gutes Produkt sein. Die Finanzinstitute wiederum könnten die Chance nutzen, um neue Provisionen zu vereinnahmen – und blenden die Risiken aus Anlegersicht möglichweise aus. Dabei sind und bleiben Investitionen in Kryptowährungen hochspekulativ – wer etwas anderes behauptet, meint es nicht gut mit Ihnen und Ihrem Geld. Daran ändert auch die Ummantelung der ETF-„Hülle“ nichts. Vielmehr macht das ETF-Gewand die Kryptowährungen zum Wolf im Schafspelz. Wenn es Ihnen trotzdem in den Fingern juckt, dann investieren Sie nur einen kleinen Teil Ihres Vermögens, auf den Sie im schlechtesten Falle verzichten können, und fragen Sie im Zweifel lieber Ihre (von Provisionen unabhängige) Beraterin oder Ihren Berater – oder gern auch mich persönlich.

Autor: Karl Matthäus Schmidt, Vorstandsvorsitzender der Quirin Privatbank und Gründer von quirion

 

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Studien

 

[1] Quelle: Kryptowährung als ETF: »Es kann gut sein, dass der Bitcoin eines Tages völlig wertlos ist« - DER SPIEGEL

[2] Quelle: Nach historischem Dammbruch: Jetzt setzen deutsche Banken und Sparkassen auf Krypto — FinanzBusiness

[3] Quelle: Kryptowährung als ETF: »Es kann gut sein, dass der Bitcoin eines Tages völlig wertlos ist« - DER SPIEGEL

[4] Quelle: Nach historischem Dammbruch: Jetzt setzen deutsche Banken und Sparkassen auf Krypto — FinanzBusiness

 

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Über den Autor
Karl Matthäus Schmidt

Karl Matthäus Schmidt ist Gründer und CEO der Quirin Privatbank. Er ist Banker in sechster Generation und revolutionierte bislang dreimal den deutschen Bankenmarkt. Mit 25 Jahren gründete er den ersten Onlinebroker Deutschlands, Cortal Consors, den er nach dem Börsengang an eine französische Großbank verkaufte. 2006 brachte er Deutschlands erste unabhängig beratende Bank, die heutige Quirin Privatbank, auf den Markt. Sie verzichtet auf die Annahme von Provisionen und kann Anlegerinnen und Anleger deshalb unabhängig beraten. 2013 gründete Schmidt den ersten Robo-Advisor Deutschlands, quirion, um allen Menschen einen Zugang zu einer guten und günstigen Geldanlage zu ermöglichen. Seine Vision ist es, mehr Menschen in Deutschland zu besseren Anlegern zu machen. Als Vorstand verantwortet er unter anderem die Bereiche Privatkundengeschäft und Anlagemanagement, außerdem ist er Aufsichtsratsvorsitzender der quirion AG. Der gebürtige Franke ist verheiratet, Vater von fünf Kindern und lebt in seiner Wahlheimat Berlin und Brandenburg.

Hören Sie passend zum Thema unseren Podcast „klug anlegen“

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