Die Statistik spricht eine eindeutige Sprache
Das renommierte Family-Office HQ Trust aus Bad Homburg hat sich kürzlich im Rahmen einer Studie mit der Frage aus unserer Überschrift eingehend befasst, wie auch die F.A.Z. und die Börsen-Zeitung berichteten. Die wichtigsten Ergebnisse, die übrigens frühere Studien zu diesem Thema bestätigen, möchten wir Ihnen nachfolgend gern vorstellen.
Konkret wurden zwei Anlagestrategien miteinander verglichen: die Einmalanlage, bei der der gesamte Betrag sofort investiert wird, und eine spezielle Ratenanlage, bei der das zur Verfügung stehende Kapital gleichmäßig über 24 Monate verteilt jeden Monat angelegt wird. Beide Strategien investieren exemplarisch in den globalen Aktienindex MSCI ACWI („Morgan Stanley Capital International All Country World Index“), der rund 2.650 Aktien aus Industrie- und Schwellenländern beinhaltet.
Die Studie umfasst den Zeitraum vom 31.12.1971 bis Ende August 2024, also über 50 Jahre. Analysiert wurden die Wertentwicklungen in insgesamt 609 jeweils monatlich startenden, rollierenden Zwei-Jahres-Zeiträumen. Dabei wurden zwei Einstiegsvarianten miteinander verglichen: (1) Eine Investorin bzw. ein Investor legt zu Beginn des jeweiligen Zeitraums die komplette Summe auf einmal an. (2) Die Gesamtsumme wird in 24 gleiche Raten aufgeteilt und innerhalb von zwei Jahren Monat für Monat angelegt. Das dabei zwischenzeitlich vorgehaltene Kapital wird zu marktüblichen Tagesgeld-Konditionen verzinst. Betrachtet wurden immer nur die jeweiligen Ergebnisse nach zwei Jahren.
Die wichtigsten Erkenntnisse der Studie
- Über den Gesamtzeitraum betrachtet, hätte die Einmalanlage in rund zwei Dritteln aller Fälle die bessere Zwei-Jahres-Performance erzielt.
- Sie wäre dabei im Schnitt auf eine Rendite von 8,6 % pro Jahr gekommen, mit der Anlage in Raten wären dagegen „nur“ 6,6 % p. a. erzielt worden.
- Allerdings hätte man dabei aufgrund einer relativ geringen Volatilität1 von nur 7,7 % p. a. wahrscheinlich deutlich ruhiger geschlafen, denn bei den Einmalanlagen lagen die Schwankungen mit 13 % p. a. spürbar höher.
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Die erhöhte Volatilität der Einmalanlage deutet bereits darauf hin, dass ihre bessere Durchschnittsperformance breiter gestreut war. Wie breit, zeigen die Häufigkeiten der einzelnen annualisierten Zwei-Jahres-Renditen, die nachfolgend dargestellt sind.
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Die Grafik zeigt, wie oft sich in den letzten rund 54 Jahren einzelne Rendite-Intervalle (von minus 20 bis über 30 % p. a.) jeweils bei einmaliger oder bei zeitlich gestreckter Anlage ergeben haben. Es wird deutlich, dass bei zeitlich gestreckter Anlage die eher durchschnittlichen Wertentwicklungen (z. B. 5 bis 10 % p. a.) häufiger aufgetreten sind, während die Einmalanlage bei den guten bis sehr guten Ergebnissen (10 bis 15 % p. a. bis hin zu über 30 % p. a.) die Nase vorne hatte. Bei den eher enttäuschenden Ergebnissen halten sich Einmalanlage und gestreckte Anlage – von einer Ausnahme abgesehen – tendenziell die Waage.
In der Mehrzahl der Fälle (rund 67 %) hat man in der Vergangenheit Rendite liegen lassen, wenn man nicht sofort mit dem gesamten zur Verfügung stehenden Betrag eingestiegen ist. Das Renditeplus wurde allerdings mit einer breiteren Streuung der Anlageergebnisse und damit vielleicht auch mehr Anlagestress erkauft.
Daher neigen viele Menschen eher zu einer ratierlichen Investition. Der psychologische Vorteil dabei: Sie fühlen sich schlichtweg sicherer und wohler (gerade, wenn es um vergleichsweise große Beträge geht), wenn sie nicht sofort alles auf einmal investieren und die Gewissheit haben, günstiger nachkaufen zu können – falls die Kurse doch noch mal kräftiger fallen sollten. Das beruhigt und mindert die Angst vor Verlusten. Denn Studien aus der Verhaltensforschung („Behavioral Finance“) haben ergeben, dass uns Verluste weit mehr schmerzen, als wir uns über Gewinne freuen können.
Dieser (vordergründige) Vorteil hat aber auch seine Tücken: Gefühlt ist nämlich nie der richtige Zeitpunkt zum Einstieg. Gründe zum Aufschieben finden sich immer – gerade auch beim Investieren in Raten: Mal sind die Kurse zwar niedrig, die Gefahren für einen Einstieg werden aber als noch zu groß empfunden, oder die Kurse sind schon so weit oben, dass man einen baldigen Absturz fürchtet. Als Konsequenz kommt es in der Anlagepraxis immer wieder vor, dass nach einer Erstanlage die Nachfolgeinvestments aus emotionalen Gründen immer weiter aufgeschoben werden und es zur ja auch in anderen Lebensbereichen gefürchteten „Aufschieberitis“ kommt – mit allen negativen Folgen für die Langfrist-Rendite.
Da unseres Erachtens die Weltwirtschaft auch zukünftig weiter wachsen wird (und in der Folge auch die Unternehmensgewinne), werden die Aktienmärkte – unterbrochen von zwischenzeitlichen Korrekturen – auch in Zukunft weiter nach oben tendieren. Daher gehen wir davon aus, dass die Ergebnisse der HQ-Trust-Studie mehr als nur eine Momentaufnahme sind und auch weiterhin ihre Gültigkeit haben werden.
Unsere Empfehlung lautet daher, auch größere Beträge in einem Schwung zu investieren. Wenn dem zu große psychologische Hemmnisse entgegenstehen, ist auch gegen eine Aufteilung der Gesamtsumme in drei bis vier Tranchen nichts einzuwenden. Dann sollten aber die entsprechenden Anlagezeitpunkte unbedingt fest terminiert werden. Ansonsten ist man – entgegen allen wissenschaftlichen Erkenntnissen – doch wieder versucht, die besten Einstiegszeitpunkte abpassen zu wollen, und gerät damit in die Fallstricke des sogenannten Market-Timings. Dass das letztlich aber nicht funktioniert und unter Umständen sogar großen Schaden anrichten kann, hat die Finanzmarktforschung zweifelsfrei erwiesen.