Dass die Stimmung der Unternehmen in Deutschland immer schlechter wird, zeigt der vielbeachtete ifo-Geschäftsklimaindex. Er fiel im August auf 86,6 nach 87 Punkten im Juli. Die Unternehmen beurteilen ihre aktuelle Lage als trübe, zugleich werden auch ihre Erwartungen immer pessimistischer. Es ist bereits der dritte Rückgang des wichtigsten deutschen Konjunkturbarometers in Folge und der tiefste Stand seit Februar.
Wie aus Daten des Statistischen Bundesamts zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) für das zweite Quartal hervorgeht, sacken zudem die Investitionen der Unternehmen trotz leichter Erholung zum Vorquartal weiter ab. Besonders groß ist der Rückgang bei den Bau- und Ausrüstungsinvestitionen (siehe Grafik). Mit Letzteren sind vor allem Maschinen, Geräte und Fahrzeuge gemeint. Hier gingen im Vergleich zum Vorjahresquartal die Investitionen zuletzt um 6,5 % zurück. Für das künftige Wirtschaftswachstum sind das sehr schlechte Nachrichten, dennInvestitionen von heute sind das Wachstum von morgen.
Auch beim für die deutsche Wirtschaft wichtigen Außenhandel sieht es derzeit eher düster aus. Die ifo-Exporterwartungen fielen im August von -2,2 auf -4,8 Zähler. Dabei gibt es allerdings große Unterschiede zwischen den Branchen. Doch ausgerechnet in den für Deutschland wichtigen Sektoren Automobilindustrie und Chemie ist die Stimmung momentan schlecht.
Anders als erhofft liefert der Konsum weiterhin keine Wachstumsimpulse. Deutliche Reallohnsteigerungen und damit einhergehend eine höhere Kaufkraft sollten die Verbraucherinnen und Verbraucher eigentlich zu höheren Ausgaben motivieren. Die wachsenden Sorgen um die Sicherheit des eigenen Arbeitsplatzes verhagelt derzeit allerdings vielen die Konsumlaune. Stattdessen erhöhen sie lieber ihre Sparquote, was konjunkturell höchst bedenklich ist, denn private Konsumausgaben haben immerhin einen Anteil von gut 50 % am gesamten deutschen Bruttoinlandsprodukt. Dass ganz aktuell selbst bei Volkswagen die Arbeitsplatzgarantie aufgekündigt werden soll, passt ins negative Gesamtbild.
Im Teufelskreis von immer stärker um sich greifendem Pessimismus und zurückhaltendem Einkaufs- und Investitionsverhalten verdüstert sich die Lage stetig weiter. Negative Berichte über schlechte Standortbedingungen in Deutschland und immer wieder neue Negativnachrichten über eine engstirnige Bürokratie, die jede Wirtschaftsdynamik im Keim erstickt, verstärken den Abwärtssog zusätzlich. Diesen Teufelskreis gilt es zu durchbrechen.
Um die eingangs gestellte Frage zu beantworten: Ja, die deutsche Wirtschaft ist noch zu retten. Ihre Probleme sind mittlerweile hinlänglich bekannt: Sie sind weniger konjunktureller, sondern vielmehr struktureller Natur. Diese beginnen mit dem Arbeitskräftemangel und ziehen sich über die zu geringe Wettbewerbsfähigkeit aufgrund hoher steuerlicher Belastungen, schlechter Infrastruktur und hoher Energiepreise bis hin zur immer weiter um sich greifenden Bürokratie.
Aber es gibt auch Hoffnungsschimmer:
- Zunächst sollte man sich in Erinnerung rufen: Deutschland ist nach den Vereinigten Staaten und China immerhin die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt und die größte der Europäischen Union (EU). Mit diesem Pfund ließe sich durchaus wuchern. In anderen Ländern werden viel mehr die positiven Aspekte herausgestellt. Selbst in Frankreich, das vor einer mindestens ebenso unklaren politischen und wirtschaftlichen Zukunft steht, herrscht mehr wirtschaftlicher Optimismus.
- Viele deutsche Unternehmen sind durchaus innovationsfähig und -willig. Die deutsche Wirtschaft und deren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben in der Vergangenheit immer wieder gezeigt, dass sie sich auf veränderte Rahmenbedingungen einstellen können. Deutschland kann sich selbst aus dem Sumpf ziehen, wenn die allseits bekannten strukturellen Probleme beherzt angegangen und gelöst werden.
- Für die Europäische Zentralbank (EZB) liegt in den aktuell tristen deutschen Konjunkturdaten auch eine gute Nachricht. Selbst deutlich höhere Reallöhne führen nicht zwangsläufig zu höheren Ausgaben der Verbraucherinnen und Verbraucher und damit zu einem stärkeren Inflationsdruck. Mit weiteren Zinssenkungen in diesem Jahr könnte sich die EZB nun leichter tun und in der Folge Investitionen und den Konsum hierzulande ankurbeln.
Was es unserer Meinung nach vor allem braucht
Wir wollen an dieser Stelle kein umfangreiches Maßnahmenbündel zur Behebung der Misere vorstellen, davon gibt es ja mittlerweile schon viele … vielleicht zu viele. Stattdessen möchten wir auf den unseres Erachtens entscheidenden grundsätzlichen Aspekt hinweisen, der den Wachstumsknoten lösen könnte: Eine weitsichtige Wirtschaftspolitik sollte mehr auf Eigenverantwortung, Selbstbestimmung und Leistungsbereitschaft der Bürgerinnen und Bürger statt auf eine immer dichter werdende Regulierung setzen. Dann stünden unseres Erachtens die Chancen gut, dass neue wirtschaftliche Dynamik entsteht – also genau das, woran es Deutschland derzeit so sehr mangelt. Hierfür muss aber wieder der alte Grundsatz gelten: Der Staat legt den Rahmen fest, regelt aber nicht die Details.
Deutsche Wirtschaft auf Talfahrt, DAX auf Höchstständen– wie passt das zusammen?
Diese Frage taucht des Öfteren auch bei unserer Leserschaft auf. Die Antwort: Im Deutschen Aktienindex sind vor allem global agierende Konzerne vertreten, für die in erster Linie die Entwicklung der Weltwirtschaft relevant ist. Der durchschnittliche Anteil Deutschlands am Gesamtumsatz der DAX-Firmen liegt – für viele wohl überraschend – unter 20 % (siehe nachfolgende Grafik). Da die Weltwirtschaft und insbesondere die US-Konjunktur zwar nicht gerade boomen, sich aber in deutlich robuster Verfassung präsentieren, klettern die Gewinne der DAX-Unternehmen trotz flauer Binnenkonjunktur stetig weiter – und in der Folge deren Aktienkurse.
DAX allein reicht nicht
Die Entwicklung verdeutlicht, dass eine schlechte Wirtschaftslage nicht zwangsläufig mit einem schwachen heimischen Aktienmarkt einhergehen muss. Trotz der Internationalität der DAX-Konzerne reicht allerdings ein ausschließliches DAX-Investment für die breite globale Streuung bei weitem nicht aus.
Das fängt allein schon bei der Anzahl der Index-Mitglieder an: Mit lediglich 40 Unternehmen ist nur eine sehr eingeschränkte Streuung möglich. Mit Blick auf die US-Tech-Giganten wird oft deren hohe Gewichtung in vielen Indizes kritisiert. Nicht besser, eher schlechter sieht es diesbezüglich beim DAX aus: Allein die drei größten DAX-Werte (SAP, Siemens und Allianz) haben aktuell eine Indexgewichtung von zusammen knapp einem Drittel (14,87 %, 9,37 % und 8,05 %; Stand: Ende August 2024) – ein „Klumpenrisiko“ par excellence.
Und zudem würden bei einer alleinigen Fokussierung auf den DAX viele interessante Unternehmen aus vielen zukunftsträchtigen Branchen und unterschiedlichsten Ländern außen vor bleiben. Sprich: Man würde sich der Renditechancen der weltweiten Aktienmärkte berauben und zugleich die Risiken deutlich erhöhen.