Derzeit häufen sich Nachrichten über aktuelle und kommende große wirtschaftliche Probleme Deutschlands. Manche gehen sogar davon aus, dass Deutschland vor einem verhängnisvollen Prozess der Deindustrialisierung steht. In diesem Zusammenhang wird exemplarisch auf den Niedergang der deutschen Automobilindustrie hingewiesen, aber auch auf Unternehmen der Chemieindustrie, die aufgrund hoher Rohstoffpreise sowie eines auch ansonsten immer unattraktiver werdenden Wirtschaftsstandortes Deutschland verstärkt Investitionen ins Ausland verlagern. Zuletzt sehr öffentlichkeitswirksam geschehen durch BASF, das sich entschieden hat, am deutschen Standort Ludwigshafen massiv Stellen abzubauen und rund 10 Mrd. Euro in China zu investieren. Dies ist die größte Investition, die je ein deutsches Unternehmen in China getätigt hat.
Auf der anderen Seite gibt es Stimmen, die zwar einräumen, dass Deutschland spezifische Probleme hat, dass man diese aber auch nicht überdramatisieren sollte. Demnach sind die aktuellen Probleme lediglich Symptome einer Entwicklung, die zwar durch die aktuellen Krisen verstärkt wird – man denke nur an Corona, den Krieg in der Ukraine sowie die dadurch ausgelöste Inflation –, aber im Grunde bereits seit längerem im Gange ist. Letztlich sei diese langfristige Transformation der Wirtschaft aber nicht unbedingt schlecht für Deutschland, insbesondere bedeute sie keine Katastrophe für den Wirtschaftsstandort und schon gar nicht dessen Untergang.
Deutschland mit notorischem Kapitalabfluss
Um die wirtschaftliche Lage angesichts dieser doch sehr unterschiedlichen Positionen einigermaßen realistisch einschätzen zu können, ist ein Blick auf die wirtschaftliche Gesamtsituation Deutschlands hilfreich, insbesondere auf den Außenhandel. Hier zeigt sich, dass Deutschland seit Jahrzehnten einen Handelsbilanzüberschuss aufweist, d. h. mehr exportiert als importiert (vgl. Abbildung).
So lieferte Deutschland im Jahr 2022 um 82,6 Mrd. Euro mehr an Gütern und Dienstleistungen ans Ausland, als es von dort bezog. Im Vorjahr 2021 betrug der Überschuss sogar noch 175,3 Mrd. Euro. Dieser Rückgang um mehr als die Hälfte ist nun nicht – wie man vorschnell meinen könnte – auf einen massiven Einbruch der Exporte zurückzuführen, denn diese sind von 2021 auf 2022 sogar von 1.379 Mrd. Euro auf 1.577 Mrd. Euro (+14,4 %) angestiegen. Stattdessen war dafür ein noch kräftigerer Anstieg der Importe im gleichen Zeitraum von 1.204 Mrd. Euro auf 1.494 Mrd. Euro (+24 %) verantwortlich. Damit macht das Exportvolumen von 1.577 Mrd. Euro knapp 41 % des gesamten deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP) in Höhe von zuletzt rund 3.870 Mrd. Euro aus. Aber auch die deutschen Importe, die in der Presse weniger thematisiert werden, haben einen BIP-Anteil von knapp 39 %. Die genannten Zahlen verdeutlichen das große Rad, welches Deutschland im internationalen Handel dreht. Und das hat sich bisher auch 2023 nicht verändert – ganz im Gegenteil: Der Überschuss im Außenhandel summierte sich in den ersten 5 Monaten bereits wieder auf knapp 77 Mrd. Euro.
Der Zusammenhang mit der Frage, ob nun in Deutschland tatsächlich ein Prozess der Deindustrialisierung bevorsteht, wird durch eine zwingende volkswirtschaftliche Konsequenz des deutschen Handels- bzw. Leistungsbilanzüberschusses[1] deutlich: Die bedeutet nämlich für die Kapitalbilanz ein Defizit in etwa gleicher Höhe[2]. Von Deutschland aus wird somit Jahr für Jahr mehr Geld im Ausland investiert als ausländisches Kapital bei uns. Dies heißt aber auch, dass Deutschland in den letzten Jahrzehnten gegenüber seinen Handelspartnern einen mittlerweile gewaltigen Forderungsbestand aufgebaut hat. Deutlich wird dies durch folgende Grafik, in der die Entwicklung von Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber unseren Handelspartnern dargestellt ist sowie der entsprechende Saldo, die sogenannte Nettoauslandsposition Deutschlands.
Die dargestellten Außenhandelszusammenhänge verdeutlichen einen interessanten Aspekt der Debatte um eine mögliche Deindustrialisierung: Demnach sind die aktuell besonders im Fokus der Öffentlichkeit stehenden Auslandsinvestitionen deutscher Unternehmen nichts Neues, sondern für Deutschland geradezu charakteristisch (blaue Balken = Forderungen gegenüber dem Ausland). Aufgrund der Krisen der jüngsten Vergangenheit – Covid 19, Lieferkettenproblematik, Krieg in der Ukraine, Inflation – und der damit verbundenen wirtschaftlichen Probleme werden sie aktuell lediglich als besonders kritisch erachtet.
Übrigens interpretieren nicht wenige Ökonomen die Tatsache, dass Deutschland seit Jahren mehr im Ausland investiert als umgekehrt, auch als einen Ausdruck der Schwäche Deutschlands als Investitionsstandort. Wohlgemerkt: Die Rede ist nicht von der Schwäche deutscher Unternehmen, sondern von der Schwäche des Landes an sich. Nach unserer Überzeugung ist diese Einschätzung durchaus berechtigt. Nur handelt es sich dabei eben um kein neuartiges Problem, sondern um eins, das sich bereits seit Jahren in der skizzierten Außenhandelsstruktur Deutschlands widerspiegelt.
Mit dem Verweis, dass diese spezifischen Probleme bereits seit längerem bekannt sind, sollen die aktuellen wirtschaftlichen Schwierigkeiten Deutschlands keinesfalls kleingeredet werden. Ohne Zweifel steht Deutschland vor großen Herausforderungen. Einer Umfrage des BDI (Bundesverband der Deutschen Industrie) zufolge sehen die meisten Unternehmen den Fachkräftemangel, zu hohe Energie- und Rohstoffpreise und eine überbordende Bürokratie mit langwierigen Genehmigungsverfahren als die größten Investitions- und Wachstumshemmnisse hierzulande. Dies deckt sich auch mit unserer Einschätzung. Neben den viel zu hohen Energiepreisen, die von der Politik erfreulicherweise mittlerweile als ernsthaftes Problem erkannt wurden, bewerten auch wir vor allem den Fachkräftemangel und eine ausufernde Regulierungswut als die gravierendsten Probleme Deutschlands.
Demografisch bedingter Fachkräftemangel
Ein Blick auf die aktuelle demografische Lage in Deutschland zeigt, dass in den nächsten fünfzehn Jahren die sogenannten Babyboomer, d. h. die aktuell 50- bis 60-Jährigen, in den Ruhestand gehen werden (vgl. Grafik).
Da es sich hierbei nicht selten um hochqualifizierte Arbeitskräfte handelt, wird dies eine empfindliche Lücke ins (qualifizierte) Arbeitskräfteangebot in Deutschland reißen. Zwar verzeichnet Deutschland nach der Türkei in Europa die höchste Zahl an aufgenommenen Flüchtlingen. Hierbei handelt es sich jedoch in der Regel um einen eher schlecht ausgebildeten (nicht Deutsch sprechenden) Personenkreis, der vermutlich nicht in der Lage sein wird, die anrollende Qualifizierungslücke in Deutschland zu schließen.
So sind von den rund eine Million Flüchtlingen, die vor allem aus Syrien seit 2015 ins Land gekommen sind, bis heute lediglich knapp 50 % in den deutschen Arbeitsmarkt integriert worden. Nach mittlerweile immerhin acht Jahren und vor dem Hintergrund, dass es sich dabei mehrheitlich um arbeitsfähige junge Männer handelt, ist das wahrlich ein trauriger Befund. Hinzu kommt, dass es in Deutschland nach wie vor keine überzeugend durchdachte Strategie gibt, wie wirklich qualifizierte Fachkräfte ins Land geholt und hier auch gehalten werden können. Im Gegenteil, es scheint sich sogar abzuzeichnen, dass Deutschland zunehmend damit zu kämpfen hat, die eigenen Fachkräfte im Land zu halten.
Letztlich wird es der sich verschärfende Arbeitskräftemangel erzwingen, dass nicht mehr alle bisher vertretenen Wertschöpfungsketten in Deutschland gehalten werden können und sie noch mehr als bislang ins Ausland verlagert werden. Dies wird in der Folge mit einem Rückgang des Anteils industrieller Produktion an der gesamten Wertschöpfung verbunden sein sowie mit einer entsprechenden Zunahme des Dienstleistungssektors. Eine vergleichbare Entwicklung haben andere Industriestaaten, wie Frankreich, Großbritannien und die USA, bereits hinter sich, wie die folgenden beiden Grafiken verdeutlichen. In gewisser Weise ist Deutschland in der Hinsicht nur ein Nachzügler.
Ein positiver Aspekt des zu erwartenden Anwachsens des Dienstleistungssektors besteht darin, dass der in Zukunft stark zunehmende Anteil relativ gering qualifizierter Arbeitskräfte leichter eine Beschäftigung finden wird.
Ungebremste Überregulierung und Bürokratisierung
Das Netz aus gesetzlichen Vorgaben, Vorschriften und Verordnungen, die von Unternehmen in Deutschland beachtet und eingehalten werden müssen, wird immer dichter … um nicht zu sagen: undurchdringlich. Hinzu kommen immer mehr Dokumentationspflichten, deren Sinn häufig zu Recht bezweifelt werden kann. Deutschland droht in einem Regulierungswust schier zu ersticken.
Der Druck entsteht dabei auf zwei Ebenen: Einerseits geht das Ganze von der Europäischen Union aus, die Regelungen ersinnt, die für alle EU-Länder gleichermaßen passen sollen – von Malta bis Dänemark und von Slowenien bis Spanien. Speziell in Deutschland wird das Ganze noch verstärkt von dem fatalen Hang, sämtliche EU-Verordnungen und -vorschriften bis ins winzigste Detail (und darüber hinaus) umsetzen zu wollen. Man denke nur an die jüngste EU-Vorschrift zur Arbeitszeiterfassung oder an den geplanten Energieeffizienzausweis für jedes einzelne Gebäude auf EU-Gebiet. Man wagt es sich kaum auszumalen, wie buchstabengetreu die deutsche „Bürokratiemaschinerie“ diese Vorgaben in deutsche Gesetze und Verordnungen gießen wird.
Unternehmen sind von der Regulierungswut sogar noch stärker betroffen als die privaten Haushalte. So betrug gemäß dem deutschen Normenkontrollrat der sogenannte „Erfüllungsaufwand“, d. h. der finanzielle Aufwand, der den Unternehmen entsteht, wenn sämtlichen gesetzlichen Vorgaben genau entsprochen wird, allein im Jahr 2022 17,4 Mrd. Euro, ein Wert, der sich seit 2019 fast vervierfacht hat. Von daher ist es nicht verwunderlich, wenn vor allem mittelständische Unternehmen – neben hohen Energiepreisen und Arbeitskräftemangel – die stetig steigenden Belastungen durch Bürokratie und aufwändige Genehmigungsverfahren zu ihren größten Herausforderungen zählen. Wie absurd das Ganze eigentlich ist, wird deutlich, wenn man sich vergegenwärtigt, dass in einer Marktwirtschaft die größte Herausforderung für Unternehmen nicht die Administration sein sollte, sondern eigentlich die Erfindung, Produktion und Bereitstellung von nutzenstiftenden Gütern und Dienstleistungen.
Zunehmende Entfremdung zwischen Politik und Wirtschaft
Die Klagen der Wirtschaft über ständig wachsende administrative Belastungen sind beileibe nicht neu. Es stellt sich daher schon die Frage, warum sie letztlich kein Gehör finden. Nach unserer Überzeugung liegt dies an einer grundsätzlichen Entfremdung der politischen Akteure von wirtschaftlichen Sachverhalten und Zwängen. Die politische Klasse hierzulande besteht mehrheitlich aus Juristen, denen ökonomisches Denken im Grunde fremd ist.
Die Problematik, die dadurch entsteht, lässt sich exemplarisch anhand der vorgeschriebenen Arbeitszeiterfassung verdeutlichen. Der an sich zu befürwortende Zweck dieser Vorschrift besteht darin, übermäßige und vor allem unbezahlte Überstunden zu verhindern. Die juristisch geprägte Herangehensweise, dies in der Praxis sicherzustellen, ist es, ein Gesetz zu erlassen, welches Arbeitgebern und Arbeitnehmern vorschreibt, sämtliche Arbeitszeiten lückenlos zu dokumentieren. Die Schwierigkeiten der praktischen Umsetzung und der damit verbundene Aufwand, aber auch die dabei entstehenden negativen Auswirkungen – man denke nur an die sogenannte „Vertrauensarbeitszeit“ im Rahmen des Homeoffice – interessieren dabei nicht. Für die korrekte Umsetzung und Überwachung haben die Unternehmen selbst und gegebenenfalls eine entsprechende Behörde zu sorgen. Sofern es eine solche nicht gibt, wird sie einfach kurzerhand neu geschaffen.
Die ökonomische Vorgehensweise ist dagegen eine grundsätzlich andere: Verbote und detaillierte Vorschriften sind dabei lediglich die Ultima Ratio (das letzte Mittel). Wann immer es möglich ist, versucht man stattdessen, die Anreize dergestalt zu setzen, dass es weder für Arbeitgeber noch für Arbeitnehmer vorteilhaft ist, übermäßige oder gar unbezahlte Überstunden zu fordern oder zu leisten. Wird dies geschickt umgesetzt, kann das beanstandete Fehlverhalten von vorneherein vermieden werden, und zwar ohne dass es hierfür einer übermäßigen Regulierung oder gar einer Kontrollbehörde bedarf. Ähnlich verhält sich die Situation beim Verbrennerverbot: Anstatt einfach die Vorgabe zu machen, dass bis 2035 vom Verkehrssektor nur noch ein bestimmtes Volumen an CO2 ausgestoßen werden darf, und den Weg bis dahin der Privatwirtschaft zu überlassen, verbietet man einfach pauschal und europaweit die Zulassung von Verbrenner-Pkws.
Wir wollen an dieser Stelle nicht missverstanden werden: Der skizzierte ökonomische Ansatz bedeutet nicht, dass es gar keine Regelungen und Vorschriften mehr geben darf. Nicht jeder Interessenkonflikt lässt sich durch anreizverträgliche Lösungen beseitigen. Vorschriften und Verbote sind daher manchmal zwingend erforderlich. Nur: Der ökonomische Ansatz funktioniert viel häufiger, als man denkt … man muss es nur ernsthaft wollen. Das Problem ist allerdings, dass seitens der Politik fast keinerlei Verständnis für die Effizienz geeigneter Anreizstrukturen vorhanden ist.
Die beiden grundsätzlichen Möglichkeiten politischer Einflussnahme – bis ins kleinste Detail reichende Regulierungen und Vorschriften einerseits und die Schaffung anreizverträglicher Strukturen andererseits – stehen im Grunde hinter allen derzeit geführten wirtschafts- und ordnungspolitischen Debatten. Dass sich die Politik dabei immer häufiger für Ersteres entscheidet, ist nach unserer Überzeugung eine der Hauptursachen der zunehmenden Entfremdung zwischen Wirtschaft und Politik.
Ist Deutschland noch zu retten?
Unsere Antwort auf diese zugegebenermaßen etwas plakative Frage ist ein eindeutiges Ja. Die bisherigen Ausführungen sollten deutlich gemacht haben, dass Deutschland zwar Probleme hat bzw. bekommen wird – auch große Probleme –, diese aber nicht unlösbar sind. Die von vielen Seiten beklagte abnehmende Bedeutung der heimischen Industrie wird sich allerdings weiter fortsetzen. Das bedeutet aber keine Deindustrialisierung und auch keinen Rückfall Deutschlands zu „Ackerbau und Viehzucht“. Es handelt sich dabei vielmehr um einen Strukturwandel, wie ihn Deutschland schon mehrfach (erfolgreich) hinter sich gebracht hat – aktuell geprägt von einer stärkeren Hinwendung zur Dienstleistungsgesellschaft[3] bei gleichzeitiger verstärkter Verlagerung von energie- und rohstoffintensiven Produktionsprozessen ins Ausland.
Im Idealfall verbleiben in Deutschland Produktionslinien, die hoch- und höchstqualifizierte Fachkräfte erfordern. Aktuell sieht es so aus, dass wir diese Fachkräfte nicht in ausreichendem Maße haben und in Zukunft noch weniger haben werden. Deshalb ist an dieser Stelle die Bildungspolitik gefordert, die nachgewiesenen Defizite unseres Bildungssystems baldmöglichst zu beseitigen. Gelinde gesagt ist es ein Skandal, wenn rund 25 % (!) der Jugendlichen unser Schulsystem verlassen, ohne ausreichend lesen, schreiben und rechnen zu können. Deutschland benötigt eine wirklich durchgreifende Qualifizierungsoffensive, um die dringend erforderlichen Fachkräfte hierzulande rekrutieren zu können.
Dabei sollte diese Qualifizierungsoffensive von einer Initiative der Anwerbung von ausländischen Fachkräften flankiert werden, die diesen Namen auch wirklich verdient. Damit dies gelingt, müssen die entsprechenden Prozesse und Vorschriften (Anwerbungsmöglichkeiten, Anerkennung ausländischer Abschlüsse, Arbeitserlaubnis usw.) verschlankt und entbürokratisiert bzw. zusätzliche Anreize geschaffen werden.
Und damit sind wir wieder beim wahrscheinlich größten Problem angelangt, mit dem sich die deutsche Wirtschaft herumschlagen muss, nämlich der überbordenden Bürokratie und Regulierungswut. Es mag ja durchaus sein, dass jede einzelne Vorschrift und Regelung für sich genommen gut gemeint und vielleicht sogar auch sinnvoll ist, das Problem aber besteht darin, dass sie in ihrer Gesamtheit die Wirtschaft zu ersticken drohen.
Leider haben auch wir kein Patentrezept, wie dieses Problem gelöst werden kann, sind aber felsenfest davon überzeugt, dass eine wirklich durchgreifende Verschlankung der Verwaltungsprozesse eine enorme wirtschaftliche Dynamik freisetzen würde. Die Politik muss dieses Problem nur endlich ernst nehmen und nicht nur als eine Begleiterscheinung einer ohnehin immer lamentierenden Wirtschaft abtun.
Entsprechende Lösungsansätze gibt es durchaus. Viele Unternehmen sehen sich ja, was ihre internen Abläufe anbelangt, ähnlichen Problemen gegenüber. Allerdings mit einem großen Unterschied: In der Wirtschaft hat man – im Gegensatz zur Politik, wo „Entbürokratisierung“ und „Verschlankung“ nach wie vor allzu oft nur reine Lippenbekenntnisse sind – das Problem erkannt und arbeitet bereits an entsprechenden effizienten Lösungen. So ist es beispielsweise in manchen Unternehmen üblich, die „Reise“ der Kundinnen und Kunden durch das Unternehmen von der Pforte bis zur Produktlieferung im Rahmen einer sogenannten „Customer Journey“ zu analysieren und dabei sämtliche unnötigen Hindernisse und Erschwernisse aus dem Weg zu räumen. Die ernsthafte Analyse der „Reise“ eines Normalbürgers oder eines Unternehmens durch den deutschen Verwaltungsdschungel würde vermutlich manche Überraschung und so manchen unglaublichen Sachverhalt ans Licht fördern.
Internationalisierung der Anlagestrategie – wichtiger denn je
Vielleicht empfindet manche Leserin oder mancher Leser unsere Einschätzung der wirtschaftlichen Lage als zu optimistisch eingefärbt. Vielleicht wird auch der eine oder die andere bestimmte Sachverhalte, die das Thema betreffen, vermissen. Selbstverständlich können wir nicht ausschließen, dass die wirtschaftliche Situation womöglich schlechter ist als dargestellt. Vielleicht ist sie aber auch besser.
Um abschließend den Bogen zur Geldanlage zu spannen: Unabhängig von der jeweiligen Sichtweise auf die aktuelle Verfassung der heimischen Wirtschaft möchten wir darauf hinweisen, wie entscheidend für den Anlageerfolg eines Wertpapierdepots letztlich eine internationale Ausrichtung ist. Die Gewichtung einzelner Länder und Regionen entsprechend der sogenannten Marktkapitalisierung[4] ist hierbei der Königsweg. In einem solchen Depot hat Deutschland aktuell ein Gewicht von lediglich rund 2 %. Dies aber nicht aufgrund einer wie auch immer gearteten Einschätzung der wirtschaftlichen Situation, sondern ausschließlich aufgrund der relativ geringen Bedeutung Deutschlands für die Weltfinanzmärkte, wie sie durch die Marktkapitalisierungsgewichtung zum Ausdruck kommt. Der ökonomische Vorteil ist dabei, dass etwaige Schwierigkeiten einzelner Länder oder Regionen durch die weltweite Orientierung nicht so stark ins Gewicht fallen. In portfoliotheoretischer Hinsicht bedeutet dies, dass es keine andere Anlagestruktur gibt, die ein besseres Verhältnis aus Rendite und Risiko erwarten lässt. Unabhängig davon, ob man die aktuelle Situation Deutschlands nun eher positiv oder eher negativ beurteilt: Die Internationalisierung des Vermögens ist die beste Antwort auf alle Herausforderungen bei der Geldanlage.
Autor: Prof. Dr. Stefan May, Leiter Anlagestrategie und Produktentwicklung der Quirin Privatbank
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