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Wer billig kauft, kauft letztlich teuer?

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Obwohl wir von der Effizienz der Marktwirtschaft als ökonomischer Organisationsform überzeugt sind, hat uns die folgende Kostentabelle doch sehr ins Grübeln gebracht. Sie zeigt für eine Reihe von Ländern die jährlich anfallenden mittleren Gebühren für Investmentfonds im Aktienbereich, gemessen durch die sogenannten (gewichteten) Median-Werte.

Kostengräben zwischen Fondsmärkten

Was uns bei diesen Zahlen bedenklich stimmt, sind nicht nur die massiven Kostenunterschiede zwischen den einzelnen Ländern an sich, sondern auch, dass sie sich offenbar über einen längeren Zeitraum hinweg gehalten haben. Eigentlich sollte man erwarten, dass der Wettbewerb hier für eine weitgehende Angleichung sorgt. Das geschieht aber offenbar nicht, was z. B. der extreme Unterschied zwischen Italien und Holland von 1,58 Prozentpunkten pro Jahr zeigt, aber auch der zwischen Deutschland und den USA von immerhin 0,83 Prozentpunkten.  

Was für Lebensmittel und Waschmaschinen gelten mag …

Einen Grund dafür deutet der Titel dieses Beitrages an: Viele Menschen sind zu Recht der Meinung, dass es nicht ratsam ist, immer und überall die billigste und günstigste Variante anzustreben, ja dass man damit am Ende sogar schlechter fährt. Weder beim Kauf von Lebensmitteln noch von Waschmaschinen – um nur zwei Beispiele zu nennen – sollte man nicht immer das billigste Produkt wählen, denn Qualität hat nun mal ihren Preis. Wer ein bestimmtes Qualitätsniveau erwartet, muss auch bereit sein, dafür zu bezahlen. Oder anders formuliert: Wenn man immer und überall nur auf den Preis setzt, muss man sich nicht wundern, am Ende enttäuscht zu werden. 

Diese im Grunde ja völlig richtigen Überlegungen werden nun von vielen Anlegerinnen und Anlegern auch auf den Kauf von Investmentfonds übertragen. Sie gehen davon aus, dass ein höherer Preis eines Fonds, sprich ein hoher Ausgabeaufschlag bzw. hohe laufende Managementgebühren zwangsläufig auch eine höhere Qualität bedeuten. Letztlich würden dadurch die höheren Kosten – so die Überzeugung – durch eine bessere Wertentwicklung des Fonds mehr als ausgeglichen.

… gilt nicht für Investmentfonds

Genau das, geehrte Leserin, geehrter Leser, ist jedoch nicht der Fall. Das, was für die meisten von uns so selbstverständlich ist, nämlich dass sich Qualitätsunterschiede eben auch im Preis bzw. in den Kosten widerspiegeln, trifft auf Investmentfonds nicht zu. Im Gegenteil: Man muss sogar davon ausgehen, dass teurere Fonds nach Abzug der Kosten eine schlechtere Wertentwicklung aufweisen als günstigere. Dies wird durch eine Vielzahl empirischer Studien belegt, die den Zusammenhang zwischen den laufenden Kosten (gemessen durch die sogenannte „Expense Ratio“) und der Wertentwicklung untersuchten. Überraschenderweise zeigte sich dabei ein negativer Zusammenhang (negative Korrelation), d. h., tendenziell hatten teurere Investmentfonds nach Abzug der Kosten eine schlechtere Wertentwicklung. Dies wird anhand der beiden folgenden Streudiagrame deutlich, welche für eine Vielzahl von Investmentfonds deren durchschnittliche Wertentwicklungen (nach Kosten) über fünf bzw. zehn Jahre den entsprechenden jährlichen Kostensätzen („Expense Ratio“) gegenüberstellen.

Hohe Fondskosten sind ein Klotz am Bein

Man beachte auch, dass der negative Zusammenhang zwischen Kosten und Wertentwicklung umso deutlicher sichtbar wird, je längerfristig die Wertentwicklung gemessen wird. Die Erklärung ist einfach: Bei kurzfristigen Erfolgen spielt der Zufall eine deutlich größere Rolle als bei langfristigen, was bei der oberen Grafik, der eine relativ kurzfristige Erfolgsmessung zugrunde liegt, zu einer größeren Streuung der Wertentwicklung-Kosten-Koordinaten führt.

Zusammengefasst lautet die überraschende, aber eindeutige Botschaft beider Grafiken (sowie der zugrundeliegenden empirischen Studien): Je teurer ein Fonds, desto schlechter die Wertentwicklung, mit der gerechnet werden muss.

Wer billig kauft, kauft letztlich teuer?

Versagt der Wettbewerb?

Doch wie kann das sein? Haben wir es mit einem völligen Versagen des Wettbewerbs zu tun? Die Antwort auf diese Frage hängt – wie so oft – wieder einmal mit dem Erfolg bzw. Misserfolg aktiven Wertpapiermanagements zusammen. Im Grunde ist die Ursache einfach, man muss sich lediglich die folgenden Sachverhalte vor Augen führen.

Die große Mehrheit aller Investmentfonds wird „aktiv“ gemanagt, d. h., abhängig von jeweils aktuellen Markteinschätzungen werden die Fonds relativ häufig umgeschichtet. Genau das verursacht aber sehr hohe Kosten.

Andererseits ist es eine empirisch vielfach belegte und von der unabhängigen Finanzmarktforschung mittlerweile anerkannte Tatsache, dass aktives Wertpapiermanagement selbst vor Kosten keinen positiven zu erwartenden Performancebeitrag liefert. Die prognosegetriebenen laufenden Fondsumschichtungen schaffen daher für die Kunden letztlich keinen Mehrwert in Form einer langfristig besseren Wertentwicklung. Was allerdings bei den Kundinnen und Kunden mit Sicherheit hängen bleibt, sind die Kosten.

Statistisch gesehen bedeutet das letztlich, dass zwischen den durchschnittlichen prozentualen Wertentwicklungen vor Kosten und den Kostensätzen keinerlei Korrelation existiert, weder eine positive – das schon gar nicht – noch eine negative. Beide Größen sind voneinander völlig unabhängig bzw. liegen die entsprechenden Korrelationen im Bereich von null.

Bedenkt man nun, dass sich die Nach-Kosten-Wertentwicklung naturgemäß nach Abzug der (immer wieder anfallenden) Kosten ergibt, werden die in den beiden Grafiken dargestellten negativen Korrelationen verständlich: Da Kosten die Wertentwicklungen in jedem Fall schmälern, aber andererseits die entsprechenden (kostenintensiven) aktiven Umschichtungen keinen systematisch positiven Einfluss ausüben, muss die Korrelation zwischen Nach-Kosten-Renditen und Kostensätzen zwangsläufig negativ sein. 

Damit ist aber auch klar, warum der Wettbewerb eine solche Situation nicht bereinigt. Der Grund hierfür liegt in der starken Dominanz aktiven Managements in vielen europäischen Ländern, insbesondere auch in Deutschland. Die entsprechenden Marketing-Aktivitäten der (aktiven) Fondsindustrie bestärken die Anlegerinnen und Anleger in ihrer bereits erwähnten irrigen Überzeugung, dass ein hoher Preis, sprich hohe Kosten eines Investmentfonds, Zeichen einer besonderen Qualität sei und dass sich diese letztlich auch nach Kosten in Form einer besseren Wertentwicklung auszahle. Und mit dieser Story sind die entsprechenden Fondsanbieter erfolgreich: Nach wie vor gehen die meisten Anleger davon aus, dass die teilweise enormen Kostendifferenzen durch entsprechend unterschiedliche Qualitätsstandards gerechtfertigt sind, und akzeptieren sie deshalb auch.

Wenige Prozentpunkte, aber enorme Geldbeträge

Manche der in obenstehender Grafik ausgewiesenen prozentualen Kostenunterschiede mögen auf den ersten Blick vielleicht nicht allzu dramatisch wirken. Rechnet man sie aber in Geldbeträge um, dann sind sie enorm. Tatsächlich liegt eine Besonderheit regelmäßig anfallender Kosten darin, dass selbst harmlos anmutende Prozentsätze in einer längerfristigen Endabrechnung in erhebliche Summen münden.

Stellen wir uns beispielsweise vor, dass eine Anlegerin bzw. ein Anleger über zehn Jahre hinweg 100.000 Euro in Aktienfonds angelegt hat, und vergleichen wir die Kostensituation in den USA (0,63 % p. a.) mit der Deutschlands (1,46 % p. a.). Hierzu unterstellen wir für beide Länder eine identische Anlage mit einer zu erwartenden Rendite von 7 % p. a. sowie eine Volatilität von 16 % p. a.

Da die Wertentwicklungen einer Schwankungsintensität von 16 % p. a. unterworfen sind, gilt dies auch für die in Euro gemessenen Kostenbelastungen. D. h., sie sind je nach Marktentwicklung unterschiedlich hoch. Trotzdem können mittels sogenannter Monte-Carlo-Simulationen aussagekräftige Zahlen ermitteln werden. Diese sind in folgender Tabelle dargestellt.

Wenige Prozentpunkte, aber enorme Geldbeträge

Man beachte besonders den Unterschied zwischen den zu erwartenden Kostenbelastungen. Er entspricht durchaus dem Preis eines Kleinwagens.

Bemerkenswert ist auch der Anteil der Kosten am erzielten Gesamtvermögen. Während er in den USA knapp 8 % beträgt, beträgt er in Deutschland fast 16 %.

Als Fazit kann daher festgehalten werden: Selbst geringe prozentuale Kostenunterschiede summieren sich zu enormen Geldbeträgen.

Kostensensibilität ja, aber an der richtigen Stelle

Aufgrund der bisherigen Ausführungen könnte nun der Eindruck entstehen, dass es unter allen Umständen darauf ankommt, die Kosten so weit wie möglich zu drücken. Dies wäre jedoch ein Missverständnis. Der alte Grundsatz, dass Qualität ihren Preis hat, gilt ja nach wie vor. Aber es kommt eben darauf an, ihn an der richtigen Stelle anzuwenden. Auch im Wertpapiergeschäft gibt es Bereiche, wo es sich lohnt, unter Umständen auch einmal etwas mehr Geld in die Hand zu nehmen. So ist es beispielsweise durchaus eine wertvolle Dienstleistung, ein Wertpapierdepot so zu strukturieren, dass es in einem wissenschaftlich wohldefinierten Sinne effizient, d. h. weltweit maximal gestreut ist. Da dies mit einem einzigen Anlageprodukt oder nur sehr wenigen Anlageprodukten nicht möglich ist, entstehen dabei auch gewisse Kosten für eine effiziente Portfoliokonstruktion. Diese Kosten sind dann allerdings produktiver Natur.

Ebenfalls produktiv und wertvoll ist es, wenn im Rahmen ausführlicher Beratungsgespräche gemeinsam mit der Kundin bzw. dem Kunden ausgelotet wird, wo genau die Risikotragfähigkeit liegt und das Depot hinsichtlich seines Risikogehalts entsprechend angepasst wird. Auch hier ist es nicht empfehlenswert, immer nur die vermeintlich günstigste Variante zu wählen.

Wovon Sie sich, geehrte Leserin, geehrter Leser, allerdings verabschieden sollten, ist die Vorstellung, dass auch aktives Wertpapiermanagement im Sinne prognosebasierter und häufiger Depotumschichtungen in diese Kategorie gehört und es sich deshalb lohnt, auch dafür mehr Geld auszugeben. Das damit verbundene stillschweigende Versprechen einer besseren Wertentwicklung, beispielsweise in Krisenzeiten wie aktuell, wird sich über kurz oder lang als reine Luftnummer herausstellen.

Autor: Prof. Dr. Stefan May, Leiter Anlagemanagement der Quirin Privatbank

 

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Der Beitrag ist mit größter Sorgfalt bearbeitet worden. Er enthält jedoch lediglich unverbindliche Analysen und Erläuterungen. Die Angaben beruhen auf Quellen, die wir für zuverlässig halten, für deren Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität wir aber keine Gewähr übernehmen können. Die Informationen wurden einzig zu Informations- und Marketingzwecken zur Verwendung durch den Empfänger erstellt und können keine individuelle anlage- und anlegergerechte Beratung ersetzen.

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