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Geldanlage kann man (immer noch) nicht Probe fahren

Karl Matthäus Schmidt
,
CEO und Gründer der Quirin Privatbank AG
7
Minuten

Heute starten wir mal mit einer Quizfrage: Was unterscheidet den Kauf eines Föhns, eines Geschirrspülers oder eines Autos von einer Geldanlage? Bei Föhn, Geschirrspüler und Auto können Sie sofort nach dem Kauf feststellen, ob das Gerät tut, was es soll: Haare trocknen, Geschirr spülen, Sie zuverlässig von A nach B bringen. Es handelt sich um Gebrauchsgüter – funktionieren diese nicht wie erwartet, können Sie sie zurückbringen oder umtauschen.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Geldanlage ist Vertrauensgut – Erfolg zeigt sich erst nach vielen Jahren
  • Entgangene Rendite lässt sich kaum aufholen
  • Riester hat Vertrauen in private Altersvorsorge massiv beschädigt
  • In Zukunft besser machen mit klaren Leitplanken
  • Und: Provisionen verbieten – nur so werden Anleger unabhängig beraten

Vertrauensgüter leben von Vertrauen  

Anders ist das bei Vertrauensgütern. Ihr Erfolg, ihre Funktionstüchtigkeit lässt sich im Hier und Heute schwer messen. Ob der Kauf eines Produktes oder eine Beratung gut war, zeigt sich oft erst viele Jahre später (darauf komme ich noch einmal zurück). Typisch für Vertrauensgüter ist zudem, dass der Anbieter meist deutlich mehr weiß als der Kunde, es herrscht eine Informationsasymmetrie. Daraus ergibt sich eine gewisse Abhängigkeit vom Anbieter – Kunden, Patienten, Klienten sind auf dessen Ehrlichkeit angewiesen. Vertrauensgüter sind beispielsweise ärztliche Diagnosen, Beratungen von Rechtsanwälten und Steuerberatern, Weiterbildungskurse und Coachings, Handwerksleistungen wie Kfz-Reparaturen, Haussanierungen u. v. m.  

Geldanlage kann man nicht Probe fahren

Und – Sie ahnen oder wissen es bereits – auch die Geldanlage ist ein Vertrauensgut. Diese kann ich im Gegensatz zum Föhn, Geschirrspüler und Auto jedoch nicht Probe fahren. Ich weiß beim Abschluss eines Finanzproduktes nicht, wie gut es wirklich ist, ich kann es in diesem Moment nicht testen. Vielmehr bin ich darauf angewiesen, dass mein Berater in meinem – und zwar nur in meinem Interesse – handelt.

Oft sparen wir langfristig: für die Kinder, die berufliche Selbstständigkeit, eine Auszeit, das Eigenheim oder die Rente. Über die Jahre kann das Geld wachsen – vorausgesetzt, es ist gut angelegt. Ob das gelingt, zeigt sich jedoch erst spät: wie hoch die Rendite war, wie stark Kosten sie geschmälert haben. Fällt das Ergebnis enttäuschend aus, ist es für eine Korrektur in vielen Fällen zu spät.

Entgangene Rendite-Chancen lassen sich nicht nachholen

Bestes (oder schlechtestes) Beispiel dafür ist die Riester-Rente. Sie sollte mit ihrem Start 2002 die Bundesbürger dazu animieren, mehr für ihre private Altersvorsorge zu sparen. Gerade bei der Altersvorsorge haben wir oft noch viel Zeit, nicht selten sind es 20 oder 30 Jahre bis zum Renteneintritt. So bleibt einerseits viel Zeit zum Sparen, andererseits zeigt sich eben auch erst nach vielen Jahren, ob das Produkt, das mir verkauft wurde, wirklich gut ist. Wenn dem nicht so ist, lässt sich die vergangene Rendite meist kaum noch aufholen, wie ich Ihnen an einem stark vereinfachten Beispiel skizzieren möchte:

Nehmen wir an, Sie haben von 2005 bis 2024 jedes Jahr fleißig gespart – 2.100 Euro in einen Riester-Vertrag (inkl. Zulagen) und 2.100 Euro in eine breit gestreute Aktienanlage.

Das Ergebnis 2024:

• Riester-Vertrag (1 % Rendite): ca. 46.000 Euro
• Aktienanlage (angenommene 8 % Rendite): ca. 89.000 Euro

Jetzt lassen wir beide Töpfe weitere zehn Jahre (2025 bis 2034) wachsen – beide als Aktienanlage mit angenommener 8 % Rendite, beide weiterhin mit jeweils 2.100 Euro Sparrate pro Jahr.

Das voraussichtliche Ergebnis 2034:

• ehemaliger Riester-Vertrag als Aktienanlage: ca. 130.000 Euro
• Aktienanlage: ca. 223.000 Euro

Das wäre ein Unterschied von stolzen 93.000 Euro. Um die entgangenen Renditechancen des ehemaligen Riestervertrages aufzuholen, müssten Sie nach dieser Berechnung ab 2025 zusätzlich 537 Euro pro Monat sparen – zehn Jahre lang, Jahr für Jahr, Monat für Monat.

Riester-Rente hat Vertrauen nachhaltig geschädigt

Dieses Beispiel zeigt: schlechte Produkte wie die Riester-Rente kosten wertvolle Renditechancen, die sich später kaum noch oder nur mit großem Aufwand aufholen lassen. Dass Riester nicht der Weisheit letzter Schluss ist, ist vielen Bundesbürgern mittlerweile bewusst – nicht ohne Grund sind viele der heute noch bestehenden Verträge stillgelegt. Auch die meisten Verbraucherschützer sind sich einig: zu komplex, zu intransparent, zu bürokratisch, hohe Kosten, wenig Ertrag – so ihr Fazit. Schwer wiegen die langfristigen Folgen aus dem Riester-Desaster:

  • Misstrauen in private Vorsorge: Viele Bürger fühlen sich von Politik und Finanzbranche enttäuscht.
  • Verunsicherung: Sie fürchten, dass auch neue Vorsorgeprodukte wieder zu teuer oder unattraktiv sein könnten.
  • Vorsorgelücke: Menschen sparen lieber gar nicht mehr privat, anstatt erneut „falsch“ zu investieren.

Damit hat die Riester-Rente nicht nur ihr Ziel verfehlt, sondern das Vertrauen vieler Menschen in private Altersvorsorge nachhaltig beschädigt.

Besonderer Schutzbedarf bei Geldanlage  

Doch was kann man, was können wir tun, damit das – beispielsweise bei der jetzt zur Diskussion stehenden Frühstart-Rente – nicht erneut passiert? Dafür brauchen wir klare Leitplanken, die im Übrigen nicht nur für die neue Frühstart-Rente, sondern für jede Form der Geldanlage gelten sollten:

  • Kostendeckel:
    • Kosten sollten vom Gesetzgeber bei 1,5 Prozent gedeckelt werden.
  • Qualitätskriterien:
    • Transparenz: Anleger müssen verstehen, was sie abschließen.
    • Breite Streuung: Eine breit gestreute Anlage, bspw. über mehrere ETFs reduziert Risiken und erhöht die Renditechancen.
    • Verzicht auf Prognosen und Market-Timing.  
  • Zeit als stärksten Hebel nutzen:  so zeitig wie möglich beginnen, im Falle der Frühstart-Rente staatliche Förderung gerne schon ab der Geburt, nicht erst zum 6. Lebensjahr.

Zudem sind Geldanlagen Vertrauensgüter, sie erfordern einen besonderen Schutzbedarf. Der lässt sich nur herstellen, wenn Provisionen endlich verboten werden. Denn solange Banken und Vermittler Provisionen von Produktanbietern kassieren, stehen die Interessen der Kunden hintenan. Es geht dann nicht um die beste Lösung für den Anleger, sondern um den höchsten Provisionssatz.

Unabhängige Beratung seit 2006

Deshalb braucht es eine flächendeckend unabhängige Beratung, die komplett auf Provisionen verzichtet, wie wir das seit 2006 für unsere Kundinnen und Kunden umsetzen. Diese stellt sicher, dass Anlegerinnen und Anleger gute und günstige Produkte erhalten, die ihnen helfen, ihre finanziellen Ziele und Wünsche zu erreichen.   Wir beraten unsere Kundinnen und Kunden auf Augenhöhe und haben deswegen auch keinerlei Interesse an einem Wissensgefälle, im Gegenteil, auf verschiedenen Kanälen teilen wir unser Wissen und klären über gute Geldanlage auf, hier in Schmidts Tagebuch, in Mays Logbuch, in meinem Podcast „klug anlegen“, in meinem Buch „Geld im Glück“.

Und dieses Quirin-Prinzip wünsche ich mir für alle Anlegerinnen und Anleger in Deutschland. Denn wer spart, vorsorgt, investiert, darf nicht der Willkür von Provisionsinteressen oder intransparenten Produkten ausgeliefert sein. Wenn Anlageprodukte einem besonderen Schutz unterstellt und Provisionen endlich verboten werden, können Anlegerinnen und Anleger sicher sein, dass sie Anlagen bekommen, die gut für sie sind – und dann braucht es auch keine Probefahrt mehr.

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Wüssten Sie gerne, ob Sie mit Ihren bestehenden Geldanlagen auf einem guten Weg sind oder wir Sie bei der Erreichung Ihrer finanziellen Ziele vielleicht noch unterstützen können? Dann machen Sie jetzt mit bei unserem kostenlosen Depot-Check.

Disclaimer/rechtliche Hinweise: Der Beitrag ist mit größter Sorgfalt bearbeitet worden. Er enthält jedoch lediglich unverbindliche Analysen und Erläuterungen. Die Angaben beruhen auf Quellen, die wir für zuverlässig halten, für deren Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität wir aber keine Gewähr übernehmen können. Die Informationen wurden einzig zu Informations- und Marketingzwecken zur Verwendung durch den Empfänger erstellt und können keine individuelle anlage- und anlegergerechte Beratung ersetzen. Die Informationen stellen keine Anlage-, Rechts- oder Steuerberatung, keine Anlageempfehlung und keine Aufforderung zum Erwerb oder zur Veräußerung dar. Die Vervielfältigung und Weiterverbreitung ist nicht erlaubt. Kein Teil darf (auch nicht auszugsweise) ohne unsere ausdrückliche vorherige schriftliche Genehmigung nachgedruckt oder in ein Informationssystem übertragen oder auf irgendeine Weise gespeichert werden, und zwar weder elektronisch, mechanisch, per Fotokopie noch auf andere Weise.

Über den Autor
Karl Matthäus Schmidt

Karl Matthäus Schmidt ist Gründer und CEO der Quirin Privatbank. Er ist Banker in sechster Generation und revolutionierte bislang dreimal den deutschen Bankenmarkt. Mit 25 Jahren gründete er den ersten Onlinebroker Deutschlands, Cortal Consors, den er nach dem Börsengang an eine französische Großbank verkaufte. 2006 brachte er Deutschlands erste unabhängig beratende Bank, die heutige Quirin Privatbank, auf den Markt. Sie verzichtet auf die Annahme von Provisionen und kann Anlegerinnen und Anleger deshalb unabhängig beraten. 2013 gründete Schmidt den ersten Robo-Advisor Deutschlands, quirion, um allen Menschen einen Zugang zu einer guten und günstigen Geldanlage zu ermöglichen. Seine Vision ist es, mehr Menschen in Deutschland zu besseren Anlegern zu machen. Als Vorstand verantwortet er unter anderem die Bereiche Privatkundengeschäft und Anlagemanagement, außerdem ist er Aufsichtsratsvorsitzender der quirion AG. Der gebürtige Franke ist verheiratet, Vater von fünf Kindern und lebt in seiner Wahlheimat Berlin und Brandenburg.

Hören Sie passend zum Thema unseren Podcast „klug anlegen“

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